Klimakonferenz in Glasgow: Warum Ziele allein uns nicht retten werden
Als ich im Dezember 2019 von der Weltklimakonferenz aus Madrid zurückkam, war ich frustriert. Ich fühlte mich machtlos, vollkommen unterlegen und verspürte ein Gefühl von Ohnmacht. Ich zweifelte, inwieweit führende Politiker*innen noch Teil der Lösung der Klimakrise sein könnten. Sie waren es schließlich auch, die die Krise mitverursacht haben und die es zu verantworten hatten, dass nach dem katastrophalen Hitzesommer 2019 eine Weltklimakonferenz vor die Wand gefahren wurde. Sie sind es, die mitverantwortlich sind, dass kein Klimaschutzgesetz der Welt ausreicht, um das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens zu erfüllen. Die Beschlüsse in Madrid waren bizarr und – man muss es so drastisch sagen – zum Teil menschenverachtend, aber nie wurde mir eins klarer: Die ökologische Krise ist die soziale Frage unserer Zeit und wer nicht handelt, gefährdet Menschenleben und provoziert Konflikte.
Nicht die Welt retten, aber einen klaren Rahmen setzen
Wird Glasgow auch zu einem Fiasko? Um die Frage final beantworten zu können, ist es noch zu früh. Ich weiß, dass mögliche Beschlüsse auf einer Weltklimakonferenz nicht die Welt retten werden, aber eine Weltklimakonferenz kann klare verbindliche Rahmenbedingungen setzen. Diese würden dazu führen, dass jedes Land seinen Teil dazu beitragen kann, damit die Welt dem 1,5-Grad-Ziel deutlich näherkommt.
Das UN-Umweltprogramm (UNEP) hat vor zwei Wochen einen Bericht veröffentlicht. Demnach steuert die Welt auf 2,7 Grad Erderhitzung zu, wenn die aktuellen nationalen Klimaziele eingehalten werden. Die Weltgemeinschaft müsste ihre aktuellen Klimaschutzbemühen versiebenfachen, um das 1,5-Grad-Ziel noch einzuhalten. Und dabei werden nicht einmal die aktuellen, unzureichenden Klimazielen von den meisten Staaten eingehalten.
Werfen wir einen Blick nach Deutschland: Wir möchten unsere Emissionen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 reduzieren. Laut Bericht des Bundesumweltministeriums schaffen wir aber ohne neue Maßnahmen nur eine Reduktion von 49 Prozent. Ziele, egal auf welcher Ebene, zu formulieren ist gut, wichtig und richtig, aber ohne auch die notwendigen Maßnahmen auf den Weg zu bringen, erreichen wir diese Ziele nicht.
Keine Verbindlichkeit beim Kampf gegen Abholzung
Die letzten COPs (Conference of the Parties) haben gezeigt, dass immer wieder neue Ziele ohne verbindliche Regeln formuliert wurden. In diesem Jahr ist es ähnlich. Schon 2014 gab es eine Initiative, die New York Declaration on Forests. Das Ziel war, bis 2020 den Verlust der Wälder zu halbieren und bis 2030 ganz zu stoppen. Erfreuliche Ergebnisse kann man bis heute nicht verkünden. Wenn jetzt erneut in Glasgow verkündet wird, wieder ohne klare Verbindlichkeit, dass man ab 2030 keine Abholzung mehr dulden möchte, dann ist es zu spät. Brasilien möchte zwar schon ab 2028 der Abholzung den Kampf ansagen, aber wie geht es der Lunge des Planeten aktuell?
Schon jetzt ist der Regenwald in einem desaströsen Zustand. Er emittiert mittlerweile mehr CO2 als er aufnimmt und noch nie wurde im Amazonas so viel abgeholzt wie in den letzten Jahren. Wissenschaftler*innen warnen seit Jahren davor, dass der Amazonas bei einer Abholzung von 20 bis 25 Prozent nicht mehr zu retten ist. Er würde kippen, das heißt, man könnte den alten Zustand nicht mehr herstellen, er wäre irreversibel geschädigt. Seit 1970 wurden circa 20 Prozent des Amazonas gerodet. Ich frage mich: Wie offensichtlich wollen wir unsere eigene Existenz gefährden?
Wir brauchen nicht nur einen Abholzungsstopp ab 2030. Wenn wir es ernst mit der ökologischen Krise meinen, wie es die führenden Politiker*innen hier vor Ort immer wieder betonen, dann müssen wir jetzt die Abholzung stoppen und neue Bäume pflanzen. Doch das Problem ist nicht nur der Amazonas, er ist nur ein Beispiel von vielen.
Glasgow muss ein Wendenpunkt werden
Wir müssen uns fragen, in was für einer Welt wir leben möchten. Die Projektionen des Weltklimarats lassen uns noch viel Spielraum. Im besten Fall schaffen wir es noch, dass 1,5-Grad-Ziel einzuhalten, aber im schlechtesten Szenario ist ein Anstieg von 5,7 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts möglich. In diesem Fall wäre ein Großteil der Erde unbewohnbar und unser Planet würde sich in einen Apokalypse-Film verwandeln. Wie ernst es die Weltgemeinschaft mit dem Planeten meint, dass sehen wir in einigen Tagen, aber ich wünsche mir für unsere Erde, dass Glasgow ein Wendepunkt wird und in die Geschichte eingeht.
kandidiert für die SPD bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Landtagswahlkreis 95, Gütersloh, Harsewinkel und Herzebrock-Clarholz.