Iran-USA-Konflikt: Eine militärische Antwort der EU wäre der falsche Weg
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Der Raketenbeschuss der iranischen Regierung auf amerikanische Militärstützpunkte im Irak verschärft die Lage weiter. Eine weitere Eskalation muss vermieden werden.
Die Tötung Soleimanis stärkt die Hardliner im Iran
Zu betonen ist: Hauptursache für die Destabilisierung des Mittleren Ostens trägt die Ajatollah-Diktatur. General Soleimani war der Drahtzieher vieler Terroranschläge in der Region. Er unterstützte Hamas und Hisbollah mit Waffenlieferungen und war einer der treibenden Kräfte der iranischen Expansionspolitik. Soleimani ist zudem verantwortlich für die Niederschlagung der Protestbewegungen für Demokratie im Iran im November, bei der laut Amnesty International mindestens 208 Menschen getötet und mehr als 7000 Demonstrantinnen und Demonstranten verhaftet wurden.
Die Tötung des iranischen Generals stützt nicht die Demokratiebewegung im Iran. Die iranische Regierung nutzt den Militärschlag der USA dazu, die Massen in eine Art des nationalistischen und klerikalen Taumels zu stürzen, der demokratische Proteste im Iran gegen die Ajatollah-Diktatur weiter massiv erschwert. Der Angriff stärkt die Hardliner im Iran. Der Antiamerikanismus wird zur Bürgerpflicht erklärt. Jegliche Kritik am Ajatollah-Regime wird versucht, mundtot zu machen.
Die Militarisierung der EU ist der falsche Weg
Das einseitige Vorgehen der Trump-Administration widerspricht dem Prinzip des Multilateralismus. Es muss immer zu gemeinsam abgestimmten Reaktionen kommen. Sonst besteht die Gefahr eines Flächenbrandes für die Region und die Welt. Ein kriegerischer Konflikt zwischen dem Iran und den USA könnte zu einem Flächenbrand in der Region führen, in den auch Israel letztendlich mit hineingezogen würde. Drohungen, man wolle auch militärische Schläge gen Kulturstätten des Irans durchführen, sind inakzeptabel und völkerrechtswidrig.
Oft wird die mangelnde Handlungsfähigkeit der EU beklagt und damit meist gemeint, dass die EU militärisch nicht handeln kann. Eine Militarisierung der EU, wie sie die Konservativen derzeit fordern, ist der falsche Weg. Die derzeitige Situation ist eine Folge aus militärischen Interventionen wie etwa dem Irakkrieg. Europas Stärke ist eine Politik der Diplomatie und der Deeskalation, um militärische Konflikte einzuhegen.
Eine Sicherheitskonferenz für den Mittleren Osten
In Anlehnung an den Helsinki-Prozess sollte die EU-Kommission die Etablierung einer Sicherheitskonferenz des Mittleren Ostens prüfen, um zu einer Stabilisierung der Region zu kommen. Hier müsste versucht werden, gemeinsame Interessen auszuloten und eine Strategie der pragmatischen Kooperation zu verfolgen. Grundbedingung wäre der Verzicht auf militärische Gewaltanwendungen zur Durchsetzung eigener Interessen.
Die Europäische Union sollte sich mit den Demonstrantinnen und Demonstranten solidarisieren, die für Demokratie- und Menschenrechte im Iran ihre Freiheit oder gar ihr Leben riskieren. Sie widersetzen sich dem oft menschenverachtenden Regime und wollen das Land von innen heraus reformieren.
Goetz Schleser
ist Mitglied im Ausschuss für Auswärtiges im Europäischen Parlament sowie Schattenberichterstatter für Bosnien und Herzegowina.