Meinung

Haltung gegen Rassismus im Profisport: Mehr LeBron, weniger Neuer

Die Profi-Basketballer in der USA haben für eine historische Entscheidung gesorgt. Mit dem Boykott der Play-Off-Spiele haben sie ein eindrucksvolles Zeichen gegen Rassismus und Polizeigewalt gesetzt. Daran können sich viele Sportler*innen hierzulande ein Beispiel nehmen.
von Jonas Jordan · 27. August 2020
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LeBron James ist eine Ikone des US-Basketballs. 35 Jahre alt, 2,06 Meter groß. Was der Spieler der Los Angeles Lakers sagt, hat Gewicht. Und am Mittwochabend hätte sich „King James“ kaum deutlicher ausdrücken können. „Scheiß' drauf, Mann. Wir wollen Veränderung. Ich habe es satt“, schrieb er auf Twitter. Was war passiert? Die Milwaukee Bucks hattten sich, aus Protest gegen Rassismus und Polizeigewalt, geweigert, das Spielfeld zu betreten. Eine mutige Geste! Schließlich ging es um den nationalen Basketball-Titel. Inzwischen ist im Zuge der Protestwelle ein Großteil der Sportveranstaltungen in den USA abgesagt worden.

Spielabbruch nur für Milliardäre

Und in Deutschland? Da gab es bereits am 29. Februar einen ganz ähnlichen Fall. Der 80-jährige Milliardär und Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp wurde während eines Auswärtsspiels seiner TSG gegen Bayern München von den Bayern-Fans auf einem Plakat beleidigt. Daraufhin  wurde die Partie unterbrochen. Als es weiterging, kickten sich die 22 Spieler aus Protest lustlos den Ball zu. Bayern-Trainer Hansi Flick sagte später: „Was heute passiert ist – so geht es einfach nicht weiter.“

Wie scheinheilig kann man sein! Als Trainer eines Vereins, deren Torhüter Manuel Neuer im Kroatien-Urlaub fröhlich ein Lied einer rechtsextremen Band mitsingt. Auf die darauffolgende Kritik befragt sagte Neuer: „Das ist mir eigentlich egal.“ Im gleichen Verein war jahrelang ein Jugendtrainer im Nachwuchsleistungszentrum aktiv, der seine Spieler nach rassistischen Kriterien auswählte. Was offenbar allgemein bekannt war. Von den Trainingslagern des Rekordmeisters in Katar, das vor allem durch Menschenrechtsverletzungen bekannt ist, ganz zu schweigen.

Natürlich werden Bayern-Fans jetzt sagen, gibt es auch Engagement gegen Rassismus im Verein. Es gibt tolle T-Shirts mit der Aufschrift „Rot gegen Rassismus“. Und doch ist der FC Bayern nur ein Spiegelbild für die deutsche Sportwelt. Auch bei Schalke 04 reichten die rassistische Äußerungen des damaligen Aufsichtratschefs Clemens Tönnies im vergangenen Sommer noch nicht, um ihn aus dem Amt zu bekommen. Der neue DFB-Präsident Fritz Keller, mit dem viele Hoffnungen verbunden haben, verharmloste Rassismus Anfang des Jahres mit der Aussage, den gebe es in den Niederlanden und England schon viel länger. Der DFB-Integrationsbeauftragte Cacau meinte, man solle rassistischen Einzelfällen nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken.

Der DFB könnte mit Entschlossenheit vorangehen

Auch in der Bundesliga gibt es Spieler wie Dortmunds Jadon Sancho, Schalkes Weston McKennie oder den früheren Frankfurter Kevin-Prince Boateng, die auf dem Spielfeld und außerhalb sichtbare Zeichen gegen Rassismus setzen. Doch viel zu häufig vermitteln Verbands- und Vereinsführungen das Gefühl, rassistische Vorfälle lieber kleinhalten zu wollen, als sich ernsthaft mit den vorhandenen Problemen auseinanderzusetzen. Der DFB könnte mit Entschlossenheit vorangehen und beispielsweise seine Spielordnung dahingehend ändern, dass rassistische Vorfälle zum sofortigen Spielabbruch führen. Die Partien würden gegen die Mannschaften gewertet, deren Fans auffällig geworden sind, was diesen die Konsequenzen des Fehlverhaltens dramatisch vor Augen führen sollte.

Allerdings haben auch die Akteure auf dem Platz eine gesellschaftliche Verantwortung. Es ist schlicht beschämend, wie Manuel Neuer als Kapitän der deutschen Nationalmannschaft die berechtigte Kritik an seinen musikalischen Urlaubsaktivitäten abgebügelt hat. Daher wären mehr Spieler wie LeBron James auch in der Bundesliga wünschenswert, die sich der Tragweite ihres Handelns bewusst sind.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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