Meinung

Friedensdemo für Ukraine in Köln: Weil Karneval mehr ist als schunkeln

Friedensdemo statt Karnevalsumzug am Rosenmontag – dafür haben sich die Menschen in Köln bewusst entschieden, nachdem Russland die Ukraine überfallen hat. Warum, erklärt der SPD-Fraktionsvorsitzende im Kölner Stadtrat, Christian Joisten.
von Christian Joisten · 28. Februar 2022
Schon am Sonntag demonstrierten in Köln zehntausende Menschen für Frieden in der Ukraine.
Schon am Sonntag demonstrierten in Köln zehntausende Menschen für Frieden in der Ukraine.

Der feige Überfall Putins auf die Ukraine im Morgengrauen des zurückliegenden Donnerstags hat uns alle zutiefst schockiert. Nicht nur wurde die europäische Friedensordnung mutwillig zerstört, sondern jedem war sofort bewusst, dass der rücksichtslose Einsatz von Waffengewalt Leid, Verlust und Tod über die unschuldigen Menschen in der Ukraine bringen wird. Mit unseren Gedanken waren wir Kölner*innen bei den Ukrainer*innen, die durch diesen Krieg Putins einer akuten Bedrohung von Leib, Leben und Heimat ausgesetzt sind. Gleichzeitig war uns allen klar, dass der am gleichen Tag beginnende Strassenkarneval nicht so begangen oder gar gefeiert werden kann, wie wir uns das für dieses Jahr 2022 einmal vorgenommen hatten.

Wenn Karneval nebensächlich wird

Nach den vielen Absagen und Einschränkungen der Corona-Pandemie hatte sich die ganze Stadt darauf gefreut, endlich einmal wieder etwas Ablenkung und Freude nach zwei Jahren Pandemie im Karneval zu finden. Gemeinsam mit dem Präsidenten des Festkomitees Kölner Karneval haben Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und ich ausgelotet, wie Brauchtum und Gesundheitsschutz miteinander in Einklang gebracht werden können, um sicheres und gesundes Feiern wieder möglich zu machen. Der Rosenmontagszug, der Höhepunkt des Karnevals, sollte dieses Jahr statt auf der traditionellen Route durch die Innenstadt, vor begrenzter Zuschauerzahl im Kölner RheinEnergieStadion stattfinden. 

Die kriegstreiberischen Worte aus dem Kreml, die Bilder rollender russischer Panzer und die Filmaufnahmen der verzweifelt vor Putins Bomben Schutzsuchenden in Kiew und anderen ukrainischen Städten, die uns am Weiberfastnacht-Morgen erreichten, haben diese Überlegungen schlagartig zur Nebensächlichkeit werden lassen. Dass vielen Menschen in dieser sorgenvollen Situation nicht nach Feiern zumute ist, war nachvollziehbar. Dass öffentlich organisierte Festveranstaltungen in dieser Situation ein falsches Signal aussenden und unangemessen erscheinen würden, war allen in der Stadt klar.

Angesichts dessen war es völlig richtig, den Kölner Rosenmontagszug in der geplanten Form abzusagen. Dass in den vergangenen Tagen die Menschen in Köln in einem sehr reduzierten und gedämpften Rahmen den Karneval auf der Straße gefeiert haben, ist für mich absolut nachvollziehbar. Für viele Menschen in unserer Stadt ist der Karneval Teil unserer kölschen Seele und viele Menschen wollten ein Zeichen setzen, dass sie sich von einem Kriegstreiber wie Putin nach zwei Jahren Pandemie nicht vorschreiben lassen, wie sie ihr Leben zu leben haben.

Raum für das, was Putin am meisten fürchtet

Statt des traditionellen Umzuges wird an Rosenmontag eine 4,5 Kilometer lange Friedensdemonstration stattfinden, um ein deutliches und lautstarkes Zeichen gegen Putins Unrechstkrieg zu setzen. Denn der Kölner Karneval hat schon immer ein starkes Signal von Friede, Freiheit und Demokratie in die Welt gesendet, gegen Krieg und Unterdrückung. In diesem Sinne wollen wir die Aufmerksamkeit auf den Straßen der Stadt nutzen, um der Ukraine unsere Solidarität zu zeigen und ein Zeichen für Frieden, Völkerverständigung und gegen Putins Kriegstreiberei zu setzen.

Wichtiger Bestandteil der Friedensdemonstration werden dabei auch die Persiflagewagen sein. Sie sind nicht nur in Köln traditionelles Mittel der Karnevalist*innen, auf politische und gesellschaftliche Missstände aufmerksam zu machen. Widerstand und Aufbegehren gegen die Obrigkeit sind einer der Ursprünge des Karnevals und waren auch in unserem Land Zeichen und Mittel des Protestes in Zeiten, in denen keine Meinungsfreiheit wie heute herrschte. Vor diesem Hintergrund ist es gebotener denn je, in der aktuellen Situation ein Zeichen zu setzen, denn wir lassen uns von einem Kriegsverbrecher wie Putin nicht diktieren, wie und wann wir für unsere Werte auf die Straße gehen.

Die Wagen werden nun bereits Montagmorgen an ihre Stellplätze gebracht. Die Route der Demonstration überschneidet sich in großen Teilen mit der Rosenmontagszugstrecke und führt die Demonstrant*innen an den meisten politischen und gesellschaftskritischen Wagen als Zeichen für Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit vorbei. So geben wir den Werten einen Raum, vor denen sich der russische Diktator Putin am meisten fürchtet.

Alle Macht geht vom Volke aus!

Ich bin mir mit Christoph Kuckelkorn, dem Präsidenten des Festkomitees Kölner Karneval darin einig, dass Karneval mehr ist als feiern und schunkeln. Dieses Jahr ist es für uns Kölner*innen die Gelegenheit auf die Straße zu gehen und unsere Solidarität zu zeigen. Wir machen dieses Jahr die Zuschauer*innen zu aktiven Teilnehmer*innen des Zuges und zeigen damit, wer der Souverän ist: Alle Macht geht vom Volke aus! Alle Menschen der Domstadt sind aufgerufen mitzumachen und sich kreativ, kritisch und laut einzubringen.

Egal ob mit blau-gelben Fahnen, einem Mundschutz in den ukrainischen Farben, Schildern mit Botschaften für die Menschen in der Ukraine und auch in Russland, die dort gegen den Putin-Krieg auf die Straße gehen und Freiheit und Leben riskieren. Ich bin mir sicher, die Kölner*innen werden den richtigen Ton treffen und eine Botschaft der Hoffnung an diesem für uns alle wichtigen Tag in die Welt senden: Putin wird verlieren, denn Hass, Gewalt und Bosheit verlieren langfristig immer gegen Liebe, Gerechtigkeit und Freiheit.

Autor*in
Christian Joisten

ist Vorsitzender der SPD-Fraktion im Kölner Stadtrat.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare