Meinung

Die SPD muss zur Anti-Korruptionspartei werden!

Die Korruptionaffäre bei CDU und CSU erschüttert die Demokratie. Als Sozialdemokratie stehen wir in der Verantwortung, mit aller Konsequenz gegen Korruption und ungezügelten Lobbyismus vorzugehen.
von Erik von Malottki · 12. März 2021
Die „Masken-Affäre“ von CDU und CSU erschütterte zu Jahresbeginn die Bundesrepublik.
Die „Masken-Affäre“ von CDU und CSU erschütterte zu Jahresbeginn die Bundesrepublik.

Das Tempo, mit dem zurzeit das korrupte Verhalten von CDU-Bundestagsabgeordneten aufgedeckt wird, ist beachtenswert, aber dass eine Auflistung derjenigen, die sich auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger bereichert haben, schon morgen nicht mehr aktuell sein kann, überrascht leider weniger. Die CDU blockiert seit Jahren grundsätzliche Verbesserungen im Bereich der Lobbyismus-Regulierung und Transparenz des Politikbetriebs. So ermöglichte sie es einer Vielzahl konservativer Abgeordneter – unter anderem durch löchrige Bestimmungen zu Nebentätigkeiten und deren Offenlegungen – ungestört in die eigene Tasche zu wirtschaften.

Aus meinem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern stehen Karin Strenz und Philipp Amthor exemplarisch für die Ignoranz der Union gegenüber demokratieschädigendem Verhalten: Strenz ist trotz Schmiergeldzahlungen des autoritären Aserbaidschan weiterhin Partei- und Fraktionsmitglied; Philipp Amthor hat für eine dubiose Firma mit windigem Geschäftsmodell, an der er durch Aktienoptionen beteiligt war, mit Hilfe seines Bundestagsmandats unlautere Lobbyarbeit betrieben und wurde dafür gerade vom CDU-Landesverband mit der Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl belohnt.

Die Lage für eine tiefgreifende Reform nutzen

Als Sozialdemokratie stehen wir in der Verantwortung mit aller Konsequenz gegen Korruption und den ungezügelten Lobbyismus vorzugehen. Wir laufen sonst Gefahr, dass Wähler*innen in Reaktion auf die Korruptionsaffären der Union in das Lager der Nichtwähler*innen oder zu rechtsradikalen Demokratiefeinden abwandern. Es ist deshalb für unsere Demokratie zwingend notwendig, dass die demokratischen Parteien alle Hebel in Bewegung setzen, um die gegenwärtige Lage für eine tiefgreifende Reform der rechtlichen Bestimmungen für die Abgeordneten-Arbeit zu nutzen.

Als SPD haben wir in der großen Koalition oder durch die Agenda-Politik an Glaubwürdigkeit verloren. Wir können durch eine entschlossene Reaktion auf die Korruptionskrisen der Union dieses Vertrauen zurückgewinnen und müssen dabei zwei Strategien verfolgen: Erstens, ist die SPD aufgrund ihrer Position in der großen Koalition die einzige Partei, die eine Mehrheit im Bundestag für Anti-Korruptionsmaßnahmen und Lobbyismuskontrolle durchsetzen kann. Der Zehn-Punkte-Plan der SPD-Bundestagsfraktion für mehr Transparenz ist hierzu der richtige Fahrplan, auch wenn ich persönlich mit Blick auf die zulässige Gesamthöhe von Parteispenden und die Anzeigepflicht von Unternehmensbeteiligungen für weitergehende Regelungen eintrete.

Kompromisse mit der CDU/CSU wären fatal

Jetzt kommt es aber auf die schnelle Umsetzung an. Wir müssen diesen Plan schnellstmöglich in Gesetzesform vorlegen und noch vor der Bundestagswahl zur Abstimmung bringen. Auch gegen den Widerstand der Union. Ein solches Vorgehen würde zwar dem Koalitionsvertrag widersprechen und könnte zum Koalitionsbruch führen, aber nur wenn CDU/CSU tatsächlich dazu bereit sind, die Koalition zur Bewahrung ihrer Korruptions- und Lobbyismus-Mentalität zu beenden. Die SPD muss den Koalitionsbruch riskieren, um das Vertrauen in unser politisches System wieder zurückzugewinnen. Dabei werden wir auf den Rückenwind aus der Bevölkerung, der Öffentlichkeit und der demokratischen Opposition setzen können. Fatal wären jetzt Kompromisse mit der CDU/CSU in dieser entscheidenden Frage, nur um den Koalitionsfrieden zu wahren. Dann gewinnen wir kein Vertrauen, sondern verspielen es. Ich bitte die Bundestagsfraktion und die Parteispitze diesen Weg jetzt mutig weiter zu gehen. 

Zweitens muss eine parteiinterne Basisbewegung gegen bezahlte Nebentätigkeiten entstehen. Niemand kann es nachvollziehen, dass Abgeordnete mit einer monatlichen Diät von 10.083,47 Euro Zeit finden, umfassenden bezahlten Lobby- und Nebentätigkeiten nachzugehen und dafür zum Teil sechsstellige Summen erhalten. Ich habe für die bevorstehende Bundestagswahl deshalb eine Selbstverpflichtung für alle Bundestagskandidierenden verfasst, die bezahlte Nebentätigkeiten kategorisch ausschließt und eine Konzentration auf das Mandat und die damit verbundene politische Arbeit vorsieht.

Anti-Korruptionsstrategie der Sozialdemokratie

Ein Verbot von Nebentätigkeiten ist verfassungsrechtlich kaum möglich, doch mit einer Selbstverpflichtung können wir den Anspruch der SPD als die Anti-Korruptionspartei glaubhaft vertreten. Ich bitte alle sozialdemokratischen Kandidierenden diese Verpflichtung mitzuzeichnen. Gleichzeitig müssen wir als Partei den Ausschluss von bezahlten Nebentätigkeiten viel stärker bei der Auswahl von Kandidierenden berücksichtigen. Eine Bewegung, in der sich alle Kandidierenden verpflichten, auf bezahlte Nebentätigkeiten zu verzichten und sich für eine umfassendere Transparenz einzusetzen, ist ein unerlässlicher Bestandteil einer klaren und glaubwürdigen Anti-Korruptionsstrategie der Sozialdemokratie.

Autor*in
Erik von Malottki
Erik von Malottki

ist Kommunalpolitiker in Greifswald und kandidiert für die SPD im Wahlkreis 16 in Vorpommern-Greifswald bei der Bundestagswahl.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare