Die Linke in Frankreich muss dem Islamismus die Stirn bieten
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Am 13. November 2015 fanden in Paris 130 Menschen den Tod. Ermordet von Terroristen in einer beispiellosen Attentatsserie. Bereits im Januar hatten die Brüder Kouachi und Amedy Coulibaly bei Anschlägen auf die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ und einen koscheren Supermarkt 17 Menschen umgebracht, um den „Propheten zu rächen“, wie sie permanent riefen. Als Frankreich gerade glaubte, diesen ersten Schock verarbeitet zu haben, folgte der 13. November 2015.
89 Menschen starben im „Bataclan“
Eine konzertierte Aktion an mehreren Orten im Osten von Paris. Während des Fußball-Länderspiels Frankreich gegen Deutschland erfolgte um 21:20 Uhr eine erste Explosion. Fünf Minuten später begann das Massaker in einem beliebten Ausgehviertel: Im Le Carillon und im Le Petite Cambodge wurden 15 Menschen wahllos erschossen; Weitere fünf im Bonne Bière und im Casa Nostra. Um 21:36 Uhr wurde minutenlang auf die Bar La Belle Équipe geschossen. 19 Menschen starben im Kugelhagel. Um 21:40 Uhr stürmten schwerbewaffnete Mörder das Konzerthaus Bataclan, schossen um sich und warfen Handgranaten ins Publikum. 89 Menschen wurden allein im Bataclan ermordet.
Zusätzlich wurden 683 Personen verletzt, 97 davon schwer. Sie gelten offiziell als „kriegsversehrt“. Präsident Francois Hollande erklärte am Tag nach den Anschlägen, die Täter seien Anhänger des Islamischen Staates, die Frankreich „den Krieg erklärt“ hätten. Sein Verteidigungsminister und heutige Außenminister Jean-Yves Le Drian forderte am 17. November 2015 offiziell den Beistand der anderen EU-Mitgliedstaaten ein. Frankreich ist das einzige Land in der EU, das je diese Beistandsklausel in Anspruch nahm.
Auch heute noch findet der Sozialist Hollande: „Wir sind mit dem islamistischen Terror noch nicht am Ende.“ Dem Befund kann niemand widersprechen, denn es ist wieder passiert. Drei Mal in den verganenen sechs Wochen!
Scharfmacher gießen weiter Öl ins Feuer
Am 25. September attackierte ein junger Mann paschtunischer Herkunft vor dem früheren Sitz von „Charlie Hebdo“ zwei Mitarbeiter einer TV-Produktion und verletzte sie schwer mit einer Machete. Fünf Jahre wurde permanent berichtet, die Redaktion sei wegen unveränderter Bedrohung an einen unbekannten Ort verzogen, und trotzdem fühlte sich der Mann berufen, seinen „Glauben“ zu verteidigen, indem er eben hier in dessen Namen wahllos andere Menschen umbringt. Denn das war sein Ziel.
Es folgte die Enthauptung des Lehrers Samuel Paty auf offener Straße, weil er seine Schüler Meinungsfreiheit lehrte und schließlich der Dreifach-Mord in einer Kirche von Nizza. Drei Anschläge, ausgeführt mit brachialer Gewalt von fanatisierten jungen Männern, die so gut wie nichts über die „eigene“ Religion wussten, aber gemordet haben, weil ihre Vorstellung von Glauben angeblich angriffen worden sei.
Scharfmacher wie der türkische Präsident Erdogan gießen weiter Öl ins Feuer, erklären Frankreich und Präsident Macron zu Feinden des Islam, nennen europäische Politiker Nazis und Faschisten. Und Erdogan ist damit nicht allein.
Dem Terrorismus den Boden entziehen
Man muss das nicht Krieg nennen – wie es in Frankreich häufig geschieht – schon weil es feigen Mördern den Status von Kombattanten verleiht und das ist eindeutig zu viel der Ehre. Aber man wird sich schon ernsthaft Gedanken darüber machen müssen, wie diesem Terrorismus der Nährboden entzogen werden kann. Schweigeminuten und Trauerfeiern, so wichtig die sind, reichen nicht aus. Auch nicht, wenn Präsident Macron dort verspricht: „Wir werden weiter machen, Herr Lehrer. Wir werden die Freiheit verteidigen, die Sie so gut gelehrt haben.“
Die Frage lautet: Wie wird die Freiheit verteidigt?
Marine Le Pen fordert Spezialgefängnisse für Gefährder. Ultrarechte Nationalisten schwanken nur zwischen den „Alternativen“ Ausländer raus und Kopf ab, der Begriff „Islamofaschismus“ ist fast Allgemeingut in der französischen Diskussion.
Die Linke muss gegenhalten
Gerade jetzt sind Linke gefordert, dagegenzuhalten, zur Verteidigung der Republik und ihrer Werte. Das gilt in Frankreich und in Deutschland. Der politische Islam, den der IS, aber ebenso die Muslimbruderschaft und Mili Görüs predigen, muss hart angefasst werden, genau wie alle Gruppen, die dem politischen Islam den Boden bereiten. Die Finanzierung solcher Vereine, ob durch Saudi-Arabien oder die Türkei kann und muss verboten werden. Es ist weder wünschenswert noch hinnehmbar, wenn Prediger in anderen als EU-Staaten ausgebildet werden und an religiösen Stätten in anderen Sprachen dozieren, als der jeweiligen Landessprache.
Der Ruf nach speziellen Gefängnissen ist dagegen nicht nur juristisch und politisch fragwürdig, sondern vor allem kontraproduktiv: Fast alle islamistischen Attentäter der vergangenen Jahre, wo auch immer sie gemordet haben, saßen zuvor im Gefängnis und wurden genau dort radikalisiert.
Man kann Francois Hollande nur zustimmen, wenn er mahnt, den Rechtsstaat zu verteidigen, weil der keine Schwäche, sondern eine Stärke sei: „Wir müssen beides gleichzeitig tun, den islamistischen Terrorismus bekämpfen, aber dabei auch wir selbst bleiben.“ Denn alle linke Politik beginnt mit genauem Beschreiben was ist.