Meinung

Die EU muss in der Iranpolitik hart bleiben

Der Ton der USA gebenüber Iran wird schärfer. Käme es tatsächlich zu einem Angriff, droht ein Flächenbrand. Die Europäische Union muss dieser Entwicklung offensiver begegnen als bisher.
von Udo Bullmann · 25. Mai 2019
Die USA verschärfen den Ton gegenüber Iran. Die Europäische Union muss weiter vermitteln, fordert der Vorsitzende der Sozialdemokraten im Europaparlament Udo Bullmann.
Die USA verschärfen den Ton gegenüber Iran. Die Europäische Union muss weiter vermitteln, fordert der Vorsitzende der Sozialdemokraten im Europaparlament Udo Bullmann.

Die Lage im Nahen und Mittleren Osten ist außerordentlich ernst, mit dem Raketeneinschlag in Bagdad ist das unübersehbar geworden. Seit dem Ausstieg der USA aus dem Iran-Nuklearabkommen vor einem Jahr hat mit Trumps Strategie des maximalen Drucks auf den Iran eine gefährliche Eskalation begonnen. Die Mittel der Diplomatie werden sträflich vernachlässigt, politische Friedensstrategien werden von den USA mutwillig ignoriert. So weit ist es schon: Heute könnte ein Funke einen Flächenbrand entfachen. 

Europa muss laut widersprechen

Europa muss dieser Entwicklung offensiver begegnen als bisher. Es reicht nicht, für sich selbst festzustellen, dass die Drahtzieher in Washington eine falsche Richtung einschlagen: Es braucht lauten und konsequenten Widerspruch. Denn es wäre Flächenbrand mit verheerenden Konsequenzen, auch für Europa. Es droht Leid und Zerstörung für Millionen Menschen. Es droht eine humanitäre Katastrophe, sollte die ohnehin volatile Situation im Nahen Osten weiter destabilisiert werden – oder gar in eine umfassendere kriegerische Auseinandersetzung münden.

Genau das sollte das Iran-Abkommen verhindern und den Frieden in der Region sichern. Es war der gelungene Versuch Europas, Diplomatie und Verlässlichkeit an die Stelle von Hass und wechselseitiger Bedrohung zu setzen. Das Ziel war klar: Der Iran, dessen Obrigkeit mit einem klaren Führungsanspruch in der Region auftritt und Menschenrechte mit Füßen tritt, sollte nicht zur Atommacht aufsteigen. Und es gelang, der Deal wurde zu einem der ganz großen Erfolge der europäischen Außenpolitik: Der Iran hielt die Bedingungen des Abkommens penibel ein, wie Kontrollen internationaler Organisationen ausweislich belegen.

Die USA nehmen dem iranischen Volk die Luft zum Atmen

Die Lockerung der Sanktionen eröffnete auch neue Kontaktmöglichkeiten für die Menschen im Land, verbesserte Kontakte nach außen und stärkte die moderaten und oppositionellen Kräfte. Und der wieder beginnende Handel mit den damit einhergehenden Begegnungen und Reisen sollte auch ein Mittel sein, mehr Offenheit in das autoritär regierte Land zu tragen. Es war ein Sieg der europäischen Tugenden der Diplomatie und des Dialogs, der sogar nach der einseitigen Aufkündigung des Atomdeals durch Trump weiter Bestand hatte.

Die Wiedereinführung von unilateralen Wirtschaftssanktionen durch die USA nimmt dem iranischen Volk jetzt wieder zunehmend die Luft zum Atmen. Offenkundig will Trump nicht akzeptieren, dass man unliebsame Regierungen nicht von außen umstürzen kann; noch hat er die Lehren aus den von Bush Junior im Mittleren Osten durch den Irakkrieg vor 16 Jahren angerichteten Verheerungen gezogen. Sondern er lebt seine eigene Ideologie aus – auf Kosten der Sicherheit der Menschen.

Die EU sollte an dem Abkommen festhalten

Grotesk macht die Situation, dass Trump mit Nordkorea vorgeblich auf Gespräche und Verhandlungen setzen will – sie aber, was den Iran angeht, ablehnt. Denn natürlich löst das Atomabkommen nicht die anderen, weiterhin mit dem Iran bestehenden Probleme – auf dem Abkommen lässt sich aber aufbauen. Festhalten sollte die EU an dem Abkommen allemal, denn es verhindert ein Atomwettrennen in der Region und erlaubt der EU, Einfluss auf den Iran auszuüben.

Natürlich gilt es auch weiterhin, mit dem Iran Klartext zu sprechen: Die Ankündigung, binnen 60 Tagen aus dem Abkommen auszusteigen oder gar damit zu drohen, drei Millionen iranische Flüchtlinge in die Türkei und dann weiter nach Europa zu schicken, ist inakzeptabel. Wir erwarten, dass der Iran das Abkommen weiter buchstabengetreu umsetzt. Wir Europäer stehen aber zum Atomabkommen und setzen uns dafür ein, dass es weiter Bestand hat.  

Der Euro kann ein Instrument der Weltpolitik sein

Dazu gehört, dass wir INSTEX schneller betriebsfertig bekommen, die neugegründete Zweckgesellschaft, die dazu dienen soll, Exporte europäischer Firmen mit iranischen Ausfuhren zu verrechnen und so europäische Firmen vor US-Sanktionen zu schützen. Denn eines unserer Handicaps auf dem internationalen Parkett ist, dass der Euro als junge und erfolgreiche Währung uns zwar deutlich stärker macht, als wir es mit nationalen Einzelwährungen wären, der Euro aber im internationalen Handel immer noch dem Dollar hinterherhinkt.

Europa sollte mehr tun, damit der Euro weltweit verstärkt bei Transaktionen in den Bereichen Öle, Gas und Rohstoffe eingesetzt wird. Denn unsere Währung kann ein wichtiges Instrument sein, um unsere europäischen Interessen in der Weltpolitik auf der Basis eines regelbasierten Multilateralismus zu behaupten. Wie notwendig das ist, führt uns die Iran-krise dramatisch vor Augen: Es geht um Krieg und Frieden.

Entscheidend ist, dass die EU weiter geschlossen und klar bleibt. Wie der deutsche Außenminister Heiko Maas es treffend auf den Punkt brachte: „Die Antwort auf Trumps America First kann nur Europe United sein.“ 16 Jahre nach dem Irakkrieg muss unsere Antwort an Trump sein: Europa ist eine Friedensmacht. Konflikte werden nicht mit Gewaltdrohungen und martialischen Gesten gelöst, sondern mit Dialog und Diplomatie. Eine europäische Beteiligung an einer gegen den Iran gerichteten Militärintervention wird es nicht geben! Gerade Deutschland und Frankreich müssen dies unmissverständlich klarmachen. Denn es ist eine Frage der Haltung und eine Frage der Glaubwürdigkeit.

Autor*in
Udo Bullmann
Udo Bullmann

Udo Bullmann ist entwicklungspolitischer Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament (S&D-Fraktion) und Europabeauftragter im SPD-Parteivorstand.

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