DGB-Chef Hoffmann: Nur mit Solidarität stehen wir die Corona-Krise gemeinsam durch
Zum ersten Mal seit der Gründung des Deutschen Gewerkschaftsbundes 1949 wird es in diesem Jahr keine Demos und Kundgebungen auf Straßen und Plätzen zum Tag der Arbeit am 1. Mai geben. Wir werden nicht gemeinsam feiern und lautstark für bessere Arbeitsbedingungen protestieren. Solidarität heißt in diesen Tagen: Mit Anstand Abstand halten.
Livestream statt Demo
Trotzdem kommen wir an unserem Tag der Arbeit zusammen: im Netz. In einem über dreistündigen Livestream zeigen wir, was uns Gewerkschaften ausmacht, wofür wir stehen und wofür wir – gerade in diesen schweren Zeiten – tagtäglich kämpfen. Gemeinsam mit vielen Künstlerinnen und Künstlern werden meine Vorstandsmitglieder und ich, werden zigtausende Gewerkschafter im ganzen Land diesen virtuellen 1. Mai begehen.
„Solidarisch ist man nicht alleine“ ist unser diesjähriges Mai-Motto. Es könnte passender nicht sein. Bereits seit Beginn der Corona-Pandemie sehen wir doch, wie der gesellschaftliche Zusammenhalt wächst. Solidarität macht unsere Gesellschaft gerechter und in Krisenzeiten widerstandsfähiger.
Trotzdem stellt die Corona-Krise uns alle vor große Herausforderungen: Viele Beschäftigte bangen um ihren Arbeitsplatz, sie fürchten um ihre Existenzgrundlage oder um die ihrer Familien, die von Betriebsschließungen, Kurzarbeit oder Geschäftsaufgabe bedroht sind. Viele Menschen müssen zuhause arbeiten und sich gleichzeitig um ihre Kinder kümmern. Wir müssen dafür sorgen, dass ihr Arbeitsplatz und ihr Einkommen gesichert bleiben.
Mensch vor Rendite
Die Corona-Krise hat uns allen vor Augen geführt, wie wichtig eine gutes Gesundheitswesen und eine qualitativ hochwertige Pflege sind. Es muss Schluss sein mit der besinnungslosen Ökonomisierung und Privatisierung. „Mensch vor Rendite“ muss wieder im Mittelpunkt stehen.
Denn gerade in der Krise erleben wir doch, wie überlegen ein solidarisches System sozialer Sicherung gegenüber privater Absicherung ist. „Solidarisch vor privat!“ Das ist es, wofür wir uns einsetzen und wofür wir kämpfen.
Immerhin: Aktuell erleben wir eine große Wertschätzung für die Heldinnen und Helden der Arbeit, die jeden Tag dafür sorgen, dass wir gut versorgt sind – im Gesundheits- und Pflegebereich, im Supermarkt, in der Ver- und Entsorgung und vielen anderen Bereichen des öffentlichen Lebens. Das ist gut so. Aber Wertschätzung hat auch einen Wert – und der bemisst sich in Euro und Cent.
Ordentliche Löhne, gute Arbeitsbedingungen, vernünftige Arbeitszeiten. Das geht: mit Tarifverträgen, Mitbestimmung, starken Betriebs- und Personalräten. Das ist der beste Weg, um Menschen ordentlich zu bezahlen und ihnen Sicherheit zu geben.
Das Virus kennt keine Grenzen
„Solidarisch ist man nicht alleine“, das gilt auch mit Blick auf Europa. Das Virus kennt keine Grenzen. Deshalb müssen die Regierungen der Europäischen Union eng zusammenarbeiten und ihre Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie miteinander abstimmen.
Zur Bewältigung des Klimawandels, für eine gesunde Umwelt und für die Gestaltung des digitalen Wandels brauchen wir jetzt Investitionen in die Zukunft, in Deutschland und in Europa.
Nur mit Solidarität, mutigem und entschiedenem Handeln und Besonnenheit stehen wir die Krise gemeinsam durch. Die Gewerkschaften haben ihre Kraft und Durchsetzungsfähigkeit schon immer aus dem Füreinander-Einstehen der Vielen bezogen. So sorgen sie für mehr Gerechtigkeit und bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen einen schönen, einen kämpferischen 1. Mai. Denn „Solidarisch ist man nicht alleine“!