Corona-Krise: Wir dürfen die Kinder nicht vergessen!
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In diesen Tagen ist „Die Arche“ Kinderstiftung 25 Jahre alt geworden. Das bedeutet auch 25 Jahre Kampf gegen Kinderarmut und 25 Jahre gelebte Solidarität für diese Kinder. Laut dem Deutschen Kinderschutzbund leben in unserem Land knapp viereinhalb Millionen Kinder in Armut. Für drei Millionen Kinder zahlt der Staat Sozialleistungen, damit ihr Existenzminimum gesichert ist. Und das in einem so reichen Land wie Deutschland. Andere Familien schämen sich, Sozialleistungen anzunehmen. Wir lassen die größte Ressource, die unser Land hat, links liegen.
Deutschlands vergessene Kinder, so haben wir sie vor einigen Jahren in einem Buch genannt, sind auf sich gestellt, haben kein Geld für Bildung, gesundes Essen, ja, diese Kinder können nicht am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, und das oft ein Leben lang. In der Schule werden zahlreiche dieser Kinder abgehängt, Nachhilfe oder Ergänzungsunterricht ist für die Familien unbezahlbar. Restaurant, Kino, Theater, Sport, gute Kleidung, alles das sind Fremdwörter für diese Kinder.
27 Archen in Deutschland
Und dann überrollte auch noch Corona unser Land. Viele unserer jungen Arche-Besucher hatten Angst. Kinder mit Fluchterfahrung verstanden nicht, was los war. Sie fürchteten sich vor einem Krieg, das vertrauten sie uns an. Es gab kein Schulessen mehr, die Tafeln waren geschlossen, und auch die Arche musste schließen. In den Supermärkten wurden die preiswerten Lebensmittel knapp. In vielen Familien reichte das Geld vorne und hinten nicht mehr. Rund 1.600 Familien waren auf die Hilfe unserer Einrichtungen angewiesen. 27 Archen gibt es inzwischen in Deutschland.
Wir brachten Lebensmittel und Hygiene-Artikel und vor allem Spielzeug in die Familien und führten vor der Haustür unzählige Gespräche. Die Kinder haben oft Langeweile. Die Eltern haben nicht gelernt, den Kids bei den Hausaufgaben zu helfen oder mit ihnen zu spielen. Vor allem fehlte es den Kindern an internetfähigen Handys, Tablets oder Laptops. Folglich hatten viele von ihnen keinen Kontakt zu den Lehrerinnen und Lehrern und wurden noch mehr abgehängt.
Grundsicherung für alle Kinder
Die Arche hat mit der Hilfe vieler Sponsoren technische Geräte gesammelt und den Familien zur Verfügung gestellt. Der Kontakt zu den Lehrern wurde auf diesem Weg wieder hergestellt. Die Hausaufgaben kamen problemlos bei den Kids an. Auch Schulen und Familien aus ganz Deutschland meldeten sich und fragten nach Tablets und Laptops. Ich war entsetzt über die schlechte technische Ausrüstung in den Schulen. Wer kein Geld hat, kann also in dieser Ausnahmesituation nicht am Unterricht teilnehmen. Ich schäme mich manchmal für unser Land.
Die Situation unserer Kinder muss sich verbessern. Wir brauchen in unserem reichen Land eine Grundsicherung für alle Kinder, was ja auch die SPD will.
Wir und andere soziale Einrichtungen fordern 600 Euro pro Kind. Unbürokratisch und direkt soll die Auszahlung zur Hälfte an die Kindertagesstätten und Schulen zur Potenzialförderung und Stärkung der Ausbildung aller Kompetenzbereiche gehen.
Die andere Hälfte soll die Kinder erreichen. Anders als beim Kindergeld ist die Grundsicherung ein Einkommen für die Kinder und Jugendlichen. So soll deren Entwicklung besser gefördert werden.
Kindeswohl muss Vorrang haben
Weiter gehören Kinderrechte ins Grundgesetz, denn der Staat trägt die Verantwortung für die Förderung, Entwicklung und den Schutz der Kinder. Zumindest bei den Kindern, deren Eltern es nicht alleine schaffen. Kinder müssen sich in unserem Land unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund individuell entwickeln können und den Zugang zu früher Bildung und Betreuung haben. So stärken wir die Kinder und ihre Familien. Auch das ist eine Form der Solidarität.
Ganz wichtig ist auch ein umfassender Kinderschutz. Das Kindeswohl muss Vorrang haben. Vor allem die Erreichbarkeit des Hilfesystems muss transparenter werden. Die Chancengleichheit durch Bildung darf nicht vom Einkommen der Eltern abhängig sein. Und das ist sie zurzeit. Hilfreich wäre auch ein einheitliches, bundesweites Schulsystem, das sich an den Bedürfnissen des Kindes anpasst. Dem steht das föderale Bildungssystem in seiner jetzigen Form noch im Weg.
Nur wenn wir unsere Kinder wie Könige behandeln und sie spüren, dass sie nicht alleine sind, werden sie ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen können. Davon haben dann alle was: Denn unser Land braucht für eine sichere Zukunft starke Kinder.
Gründer und Vorstand des christlichen Kinder- und Jugendwerks e. V. „Die Arche"