Meinung

CDU/CSU: Ausländerfeindlichkeit aus Roland Kochs Mottenkiste

Oppositionspolitik muss die Union nach 16 Jahren Merkel-Regierung erst wieder lernen. Das ist verständlich. Doch die aktuellen ausländerfeindlichen Auslassungen verschiedener Politiker von CDU und CSU sind schäbig und peinlich.
von Jonas Jordan · 26. November 2021
Mit einer ausländerfeindlichen Unterschriftenkampagne wurde Roland Koch 1999 Ministerpräsident.
Mit einer ausländerfeindlichen Unterschriftenkampagne wurde Roland Koch 1999 Ministerpräsident.

Die späten 90er-Jahre gehören zu den unrühmlichen Kapiteln eines ohnehin stets rechtskonservativ ausgerichteten CDU-Landesverbandes. Nicht nur wegen der illegalen Parteifinanzierung durch schwarze Kassen, die Roland Koch später in einer historisch grotesken Äußerung als „jüdische Vermächtnisse“ einzuordnen versuchte, sondern vor allem durch die ausländerfeindliche Landtagswahlkampagne, mit der eben jener Roland Koch im Gespann mit seinem späteren Innenminister Volker Bouffier zum hessischen Ministerpräsidenten wurde. 

„Wo kann ich hier gegen Ausländer unterschreiben?“

Damals plante die wenige Monate zuvor ins Amt gewählte rot-grüne Bundesregierung eine Reform des deutschen Staatsbürgerschaftsrechtes. Diese sah die Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft für Eingebürgerte und Neubürger*innen vor. Was folgte, war eine ausländerfeindliche Kampagne, initiiert von Wolfgang Schäuble und Edmund Stoiber, aber anschließend maßgeblich vorangetrieben von der hessischen CDU. Mit Äußerungen wie „Deutschland den Deutschen“ oder „Wo kann ich hier gegen Ausländer unterschreiben?“ kamen Menschen an die Wahlkampfstände der CDU, wo Unterschriftenlisten auslagen.

Koch hatte Erfolg, wurde später mit absoluter Mehrheit wiedergewählt. Seinen Stil kopierte Jürgen Rüttgers und wurde mit Äußerungen wie „Kinder statt Inder“ Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen. Es war die Zeit des Anden-Paktes mit Ministerpräsidenten wie Koch, Rüttgers, Wulff oder Müller. Erst mit dem Wahlsieg von Angela Merkel setzte die Union auf Demobilisierung und einen Kurs der Mitte. Rechtskonservative Politiker wie Alexander Gauland und Martin Hohmann gingen von der hessischen CDU zur AfD. Andere wie Volker Bouffier deradikalisierten sich.

16 Jahre später ist zwar – zum Glück – nicht Roland Koch zurück, doch seine alten Tricks werden von führenden Unionspolitikern bereits zwei Monate nach der grandios vergeigten Bundestagswahl wieder aus der Mottenkiste geholt. Dabei ist die Strategie ebenso billig wie latent ausländerfeindlich. Wieder geht es darum, dass eine rot-grün-gelbe Regierung ein progressiveres Staatsbürgerrecht plant. Eine Einbürgerung soll in der Regel nach fünf Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen nach drei Jahren. Eine Niederlassungserlaubnis soll nach drei Jahren erworben werden können.

Ziemiak und Co. mit „Anlass zur Sorge“

Und schon kommen wieder die selben alten Reflexe aus der Union. Vor allem von Politikern, die noch etwas werden oder bleiben wollen. CSU-Generalsekretär Markus Blume fabuliert etwa eine „Abkehr vom Prinzip von Humanität und Ordnung in der Migration mit einer massiven Ausweitung der Zuwanderung“ herbei. Für seinen Amtskollegen Paul Ziemiak von der CDU bietet das Migrationskapitel des Ampel-Koalitionsvertrages „Anlass zur Sorge“. Der Sauerländer unkt: „Sollte das umgesetzt werden, was die Ampel vereinbart hat, wird das zu mehr illegaler Migration führen.“ 

Selbst der als weltoffen geltende Rheinländer Norbert Röttgen, der aktuell mal wieder für den Bundesvorsitz der CDU kandidiert, fabuliert mit Blick auf die politischen Pläne der Ampel-Parteien: „Das ist definitiv das falsche Signal und befördert die Armuts- und Wirtschaftsmigration nach Deutschland. Das wäre ein fataler Fehler.“

Zumindest Laschet zeigt Anstand

Wie es anders geht, zeigt ausgerechnet einer, der in der Union vorerst wohl nichts mehr werden wird: der gescheiterte Kanzlerkandidat und Noch-CDU-Parteivorsitzende Armin Laschet. Er kommentiert: „Glückwunsch an Ampel-Koalition vor allem zu Stil und Form der Verhandlungen. Vertraulichkeit ist eine wichtige Voraussetzung für Vertrauen. Das muss auch die Union wieder lernen.“

Vielleicht heißt für die Union also von Armin Laschet zu lernen nicht unbedingt siegen zu lernen, aber immerhin Anstand zu zeigen.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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