Causa Maaßen: Warum der Umgang der CDU scheinheilig ist
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Die CDU will Hans-Georg Maaßen loswerden. Denn dieser ist trotz eines inzwischen abgelaufenen Ultimatums der Parteiführung weiter Mitglied der CDU. Das ist keine Überraschung. Denn welche Motivation sollte der frühere Verfassungsschutzpräsident auch haben, die Partei zu verlassen, deren Mitglied er seit 45 Jahren ist? Schon mit knapp 16 Jahren trat Maaßen damals als Schüler am Niederrhein der Union bei. Bisher scheint seine Mitgliedschaft für die CDU-Führung noch nie ein Problem gewesen zu sein. Doch plötzlich kann es Merz und Co. gar nicht schnell genug gehen, den Herren mit der an Harry Potter erinnernden Nickelbrille loszuwerden. Begründet wird das mit seinen jüngsten Äußerungen und der „Radikalisierung nach Rechtsaußen“. Am Montag hat der CDU-Vorstand offiziell beschlossen, ein Parteiausschlussverfahren gegen Maaßen einzuleiten.
Daran ist grundsätzlich auch nichts auszusetzen. Ganz im Gegenteil: Es ist durchaus zu begrüßen, wenn die CDU die viel beschworene Brandmauer nach rechts hochziehen will, die bislang lediglich vielfach in Sonntagsreden thematisiert wurde. Gründe genug hat Maaßen dafür geliefert, etwas als er von „rot-grüner Rassenlehre“ und „eliminatorischem Rassismus gegen Weiße“ gesprochen hatte. Das sind Äußerungen, die bei allem Respekt vor der Meinungsfreiheit innerhalb einer demokratischen Partei nicht tolerierbar sind.
Seehofer stellte sich hinter Maaßen
Gleichwohl überraschen sie nicht, wenn man Maaßens Weg in den vergangenen Jahren verfolgt hat. Bald fünf Jahre ist der Koalitionsstreit zwischen CDU/CSU und SPD um den früheren Verfassungsschutzchef inzwischen her. Damals hatte dieser im Zusammenhang mit rechtsextremen Ausschreitungen in Chemnitz Berichte über „Hetzjagden“ auf ausländisch aussehende Menschen in Zweifel gezogen. Im September 2018 forderte der SPD-Parteivorstand daher per Beschluss Bundeskanzlerin Merkel auf, für Maaßens Ablösung als Präsident des Inlandsgeheimdienstes zu sorgen.
Doch das geschah nicht. Stattdessen stellte sich der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) demonstrativ vor Maaßen und schlug sogar dessen Ernennung zum Staatssekretär vor. Erst Anfang November wurde er schließlich in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Dabei war Maaßen bereits zuvor mehrfach negativ aufgefallen. Bei einem Treffen mit der damaligen AfD-Vorsitzenden Frauke Petry im Jahr 2015 soll er ihr angeblich Ratschläge erteilt haben, wie die Partei einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz entgehen könne. Zudem verhinderte er die Freigabe von Akten über den NS-Kriegsverbrecher Alois Brunner, der sich sein Leben lang der Strafverfolgung deutscher Behörden entzog.
Deutliche Niederlage bei der Bundestagswahl
In den Jahren nach seiner Versetzung in den einstweiligen Ruhestand fiel Maaßen zunehmend durch rechtspopulistische Äußerungen auf und trat häufig als Gesprächspartner in rechtsextremen Medien auf. Eine Distanzierung der CDU-Führung blieb aus. Stattdessen nominierte ihn seine Partei als Direktkandidaten für die Bundestagswahl in Thüringen. Im Wahlkampf erhielt er mehrfach prominente Unterstützung von der CDU, unterlag jedoch am Ende deutlich dem siegreichen SPD-Abgeordneten und früheren Olympiasieger Frank Ullrich.
Zeitgleich fand in Berlin die Wahl zum Abgeordnetenhaus statt, für die Kai Wegner als Spitzenkandidat der CDU antrat. Im Wahlkampf verortete ihn der CDU-Bundestagsabgeordnete Mario Czaja in der Nähe von Maaßens Positionen warf ihm einen „riskanten Rechtskurs“ vor. Im Februar 2023 ist Czaja Generalsekretär der Bundes-CDU und Wegner versucht nach dem guten Abschneiden bei der Wiederholungswahl erneut, Regierender Bürgermeister der Hauptstadt zu werden. Auffällig ist, dass es gerade diese beiden Politiker aus den Reihen der Union sind, die sich nun deutlich von Maaßen abgrenzen und dessen Rauswurf aus der CDU besonders laut fordern.
Alles nur Wahlkampfgetöse?
Ein Parteiausschlussverfahren als Wahlkampfmanöver also? Der Verdacht liegt nahe. Doch so einfach und schnell wird das nicht gehen, Maaßen loszuwerden. Das Vorgehen der SPD gegen Thilo Sarrazin, das erst nach zehn Jahren mit dessen Parteiausschluss seinen erfolgreichen Abschluss fand, sollte der Union ein mahnendes Beispiel sein. Ohnehin muss die CDU auch an anderer Stelle – zum Beispiel im Thüringer Landtag – beweisen, dass sie es tatsächlich ernst meint mit der Abgrenzung nach rechts.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo