Bodo back in business: Ramelow zurück auf Los in Thüringen
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Nun also doch. Bodo Ramelow ist Ministerpräsident und regiert den Freistaat Thüringen künftig mit einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung. Also fast alles so, wie ursprünglich von den drei Koalitionsparteien geplant. Nur eben einen Monat und einen politischen Ausnahmezustand später. Währenddessen ist viel Porzellan zerschlagen worden, vor allem von CDU und FDP, mit tatkräftiger Unterstützung der rechtsextremen AfD um ihren Flügelläufer Björn Höcke.
Wie eine schlecht gemachte Netflix-Serie
Der Kardinalfehler war sicherlich, dass sich FDP und CDU nach der Landtagswahl im Oktober überhaupt auf zahlreiche taktische Spielchen einließen. Die gipfelten schließlich im Super-GAU für das Bundesland, der Wahl des FDP-Landtagsabgeordneten Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten mit den Stimmen der AfD.
In der Folge wirkten die politischen Geschehnisse in Thüringen vielfach wie eine schlecht gemachte Netflix-Serie. Jede Folge zum Fremdschämen, aber irgendwie schaltet man doch jedes Mal wieder ein. Das von Liberalen und Christdemokrat*innen hauptsächlich verursachte Chaos hatte zahlreiche personelle Konsequenzen zur Folge. Doch so wirklich vermittelten FDP und CDU nie das Gefühl, wirklich etwas aus der ganzen Sache gelernt zu haben.
Die FDP als bockiges Kind
Die Liberalen verhielten sich wie ein bockiges Kind und nahmen am Mittwoch nicht einmal an der Abstimmung teil. Und immer wenn es in den vergangenen Wochen so schien, als sei eine Lösung mit der Thüringer CDU gefunden, grätschte die Bundesspitze dazwischen und verwies auf ihren albernen Unvereinbarkeitsbeschluss. Noch am Dienstag unterbreitete der Vorsitzende der Jungen Union Tilman Kuban über die Medien den absurden Vorschlag, die Thüringer CDU-Landtagsabgeordneten sollten doch einfach während der Abstimmung den Plenarsaal verlassen.
Ramelow ist trotzdem gewählt. Das hat er vor allem dem besonnenen Handeln von Linken, SPD und Grünen in den vergangenen Wochen zu verdanken. Für ihn heißt es jetzt zurück auf Los. Er muss den Scherbenhaufen aufkehren, den seine politischen Kontrahent*innen hinterlassen haben und bis zur Landtagswahl in gut einem Jahr für geordnete Verhältnisse im Freistaat sorgen.
Der Brückenbauer Ramelow
Dass ihm das zuzutrauen ist, hat der Linken-Politiker mehrfach bewiesen. Ramelow hielt trotz des Chaos eisern an der Devise „Erst das Land, dann die Partei, zuletzt die Person“ fest. Er schlug der CDU gar, deren frühere Regierungschefin Christine Lieberknecht als Ministerpräsidentin vor, um für eine stabile Situation zu sorgen. Auch am Mittwoch lobte Ramelow in seiner kurzen Ansprache die CDU und bedauerte die Anfeindungen gegenüber der Familie seines Vorgängers Thomas Kemmerich.
Bodo Ramelow ist in der Lage, Brücken zu bauen und Menschen zu versöhnen. Ihm persönlich sowie den drei beteiligten Parteien ist zu wünschen, dass sich das im nächsten Jahr auszahlt. Denn mit einer breiten Mehrheit für Rot-Rot-Grün könnten die Thüringer*innen die politische Ausnahmesituation in ihrem Bundesland endgültig beenden.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo