Meinung

Black History Month: Aus dem Erinnern das Verhalten als Gesellschaft verändern

Mehr als eine Million Menschen afrikanischer Abstammung leben in Deutschland. Ihre Geschichte ist Teil der deutschen Einwanderungsgeschichte. Das müssen wir uns bewusst machen und daraus lernen, wenn wir Rassismus wirksam bekämpfen wollen.
von Karamba Diaby · 27. Februar 2021
Schwarze Menschen und ihre Geschichte in Erinnerung behalten: Karamba Diaby am Denkmal „Freies Afrika“ für Anton Wilhelm Amo in Halle/Saale.
Schwarze Menschen und ihre Geschichte in Erinnerung behalten: Karamba Diaby am Denkmal „Freies Afrika“ für Anton Wilhelm Amo in Halle/Saale.

Zugegeben: Ich habe nicht gerade viel in den deutschen Medien zum Black History Month gefunden. Dabei ist die Wahrung der Erinnerungskultur in einer Zeit, in der es vermehrt zu rassistischen Anschlägen kommt, wichtiger denn je. Denn durch das Erinnern können wir lernen und unser Verhalten als Gesellschaft verändern.

Im Black History Month geht es um die Leistungen und Leidenswege Schwarzer Menschen. Vor 95 Jahren wurde er in den Vereinigten Staaten ins Leben gerufen und wird weltweit gefeiert. Die Berliner Dichterin und Aktivistin May Ayim und die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland brachten 1990 diese Tradition nach Deutschland. Und dafür bin ich sehr dankbar.

Die erste Schwarze Person an einer europäischen Universität

Seitdem gibt es Vereine, Akteur*innen und Politiker*innen, die auf diesen Monat aufmerksam machen. Wenn ich an die Geschichte von Schwarzen Menschen in Deutschland denke, fällt mir sofort Anton Wilhelm Amo ein.

Ich bin Mitte der 1980er Jahre nach Halle gezogen und habe dort seine Geschichte zum ersten Mal gehört und war erstaunt darüber, dass Amo vor 300 Jahren die erste Schwarze Person an einer europäischen Universität war. Später wurde er Doktor der Philosophie. In seiner Doktorarbeit untersuchte er die Rechte von Schwarzen Menschen in Europa. Amo kritisierte die miserable Lage der an vielen europäischen Königs- und Kurfürstenhöfen dienenden Schwarzen Menschen, die als Leibgarden und Ausstellungsobjekte für schaulustige Europäer:innen ohne jeglichen Rechtsschutz lebten.

Seit mehr als 400 Jahren ein Teil von Deutschland

In Deutschland leben heute mehr als eine Million Menschen afrikanischer Abstammung. Und das nicht erst seit gestern. Sie gehören schon seit mehr als 400 Jahren zu Deutschland und sind somit auch Teil der deutschen Einwanderungsgeschichte.

Ungerechtigkeiten gegen Menschen afrikanischer Abstammung – also: Versklavung und der Völkermord während des deutschen Kolonialismus – sind nicht nur die Ursache für viele aktuelle Konflikte in Afrika, sondern auch für den Fortbestand rassistischer Ausgrenzung von Menschen afrikanischer Herkunft.

Es ist wichtig – im Übrigen nicht nur in diesem Monat –, dass wir Schwarze Menschen und ihre Geschichte verfügbar halten und daraus lernen. Die Intensität der Debatte, wie wir sie zum Beispiel in Berlin haben, haben wir leider noch nicht überall in Deutschland. Diese Debatte muss aber die gesamte Gesellschaft ansprechen. Wir müssen alle erreichen.

Nicht zu spät, um die Gesellschaft zu verändern

Rassismus ist ein Herrschaftssystem, das den Zugang zu zentralen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens regelt und legitimiert. Schwarze Menschen werden systematisch ausgegrenzt. Es wird Zeit, dass wir das beenden.

Die Politik hat nach den rassistischen Anschlägen in Halle und Hanau gehandelt. Mit dem Maßnahmenkatalog des Kabinettsausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus sind wir auf einem guten Weg – natürlich etwas spät, aber noch nicht zu spät, um unsere Gesellschaft zu verändern und Rassismus nachhaltig zu bekämpfen. 

Autor*in
Karamba Diaby

ist SPD-Bundestagsabgeordneter aus Halle/Saale.

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