Meinung

9-Euro-Nachfolge: Warum die Kritik daran absurd ist

Der Nachfolger des 9-Euro-Tickets wird teurer. Trotzdem ist es gut, dass es weitergeht. Denn der größte Vorteil bleibt erhalten. Ein Kommentar.
von Jonas Jordan · 5. September 2022
Die Nachfrage nach dem 9-Euro-Ticket war groß, so wie hier in Köln am letzten Tag des Aktionszeitraums.
Die Nachfrage nach dem 9-Euro-Ticket war groß, so wie hier in Köln am letzten Tag des Aktionszeitraums.

Seit Sonntagvormittag ist klar: Es geht weiter. Der Bund hat 1,5 Milliarden Euro jährlich zur Finanzierung eines bundesweit gültigen Nahverkehrstickets in Aussicht gestellt. Wenn die Länder noch einmal die gleiche Summe finanzieren, wäre das Ticket für monatlich 49 Euro möglich. Das ist eine gute Nachricht. Auch wenn 49 Euro logischerweise mehr als 9 Euro sind.

Schluss mit dem Flickenteppich!

Doch die große Errungenschaft dieses Tickets ist nicht der Preis. Es ist die Möglichkeit, damit in ganz Deutschland den gesamten Nah- und Regionalverkehr zu nutzen. Denn bislang glich das Netz aus Verkehrsverbünden mit einem jeweils unterschiedlichen Tarif einem großen Flickenteppich, der ein wenig an die Karte der 2.000 Grafschaften, Fürstentümer und Königreiche im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation erinnerte. Das ist zum Glück seit Jahrhunderten passé, und hoffentlich bald auch dieser Nahverkehrsflickenteppich.

Klar war es toll, für nur neun Euro pro Monat quer durchs Land fahren zu können. Denn dieses Ticket rentierte sich in der Regel schon ab der ersten Fahrt, zum Beispiel von Köln nach Düsseldorf. Das Monatsticket für diese Strecke beziffert die Bahn online übrigens mit 286,42 Euro. Die Preisersparnis wäre somit auch bei einem 49-Euro-Ticket noch enorm, abgesehen davon, dass mit diesem Ticket auch eine Reise zu weiter entfernten Orten innerhalb Deutschlands möglich wäre. Besonders lukrativ wäre das Ticket übrigens für Menschen, die an der Grenze von zwei Verkehrsverbünden wohnen und sich bislang entweder für einen entscheiden mussten oder besonders stark zur Kasse gebeten wurden.

Hohe Preisersparnis auch mit 49-Euro-Ticket

Umso absurder erscheint es daher, wie heftig die Reaktionen auf die Pläne für das Nachfolgeticket in den sozialen Medien kritisiert wurden. Da beschimpfte die Sprecherin der Linksjugend die Bundesregierung wüst, ein renommierter Journalist bemängelte fehlendes Verständnis und manch einer kritisierte, dass er dann mit seinem günstigen Jobticket-Tarif in Berlin-Mitte gar keine Ersparnis hätte. 

Absurd ist das nicht nur deswegen, weil nicht überall Monatstickets so günstig sind wie in Berlin, vor allem mit der zusätzlichen Jobticket-Ermäßigung. Auch war von Anfang an klar, dass das 9-Euro-Ticket bei allem Erfolg ein Aktionsticket für drei Monate sein würde, eine Art Werbemaßnahme für den Öffentlichen Nahverkehr. Dass diese auf Dauer ad hoc nicht finanzierbar wäre, zeigt sich auch an den Zahlen: Das 9-Euro-Ticket kostete den Bund für drei Monate insgesamt 2,5 Milliarden Euro, für ein Jahr wären es somit zehn Milliarden Euro. 

Probeabo endet auch nach zehn Wochen

Um es noch ein wenig deutlicher zu machen: Wer ein Probeabo á la „Zehn Wochen lang Magazin XY für 10 Euro lesen“ abschließt, erwartet doch auch nicht, dass er nach Abschluss des Aktionszeitraums weiterhin maximal einen Euro pro Ausgabe zahlt. Zudem haben die vergangenen drei Monate deutlich gezeigt, wo die Kapazitätsengpässe im Nah- und Regionalverkehr liegen. Es schadet also nicht, auch Geld in den Ausbau beziehungsweise den Aufbau einer Grundversorgung im ländlichen Raum zu stecken. Dann ist auch das 49-Euro-Ticket für alle attraktiv.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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