Meinung

75 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte: Warum sie immer noch wichtig ist

Sie war ein Meilenstein. Am 10. Dezember 1948 wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von der VN-Generalversammlung beschlossen. 75 Jahre später braucht sie ein Update.

von Das FES-Büro Genf · 10. Dezember 2023
Vor 75 Jahren wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte beschlossen.

Paragrafen für eine bessere Welt: Vor 75 Jahren wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte beschlossen.

Als sich die Vereinten Nationen (VN) im Juni 1945 gründeten, lag das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa erst einen Monat zurück und es herrschte Einigkeit zwischen den Staaten, dass sich die Geschichte niemals wiederholen dürfe. Um Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit zu fördern, beschlossen die Staats- und Regierungschefs, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) auszuarbeiten, die am 10. Dezember 1948 von der VN-Generalversammlung in Paris verabschiedet wurde.

Grundlegende Menschenrechte zum ersten Mal allgemein anerkannt

Die AEMR ist ein Meilenstein in der Geschichte der Menschenrechte, da zum ersten Mal die grundlegenden Menschenrechte allgemein anerkannt wurden. Sie garantiert die Rechte und Freiheiten aller Menschen, erkennt die Würde und den Wert der menschlichen Person und die Gleichberechtigung von Mann und Frau an, fördert die Meinungs- und Glaubensfreiheit sowie die Freiheit von Furcht und Not. Die Erklärung formuliert in 30 Artikeln gleichwertige, unteilbare, unveräußerliche und universelle Menschenrechte und ist zusammen mit den beiden Pakten – dem Internationalen Pakt für bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt, ICCPR, 1966) und dem Internationalen Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Sozialpakt, ICESCR, 1966) – als Internationale Menschenrechtscharta bekannt.

Obwohl die Erklärung kein juristisch verbindliches Dokument ist, bildet sie die Grundlage für internationale Verträge, regionale Menschenrechtsinstrumente, nationale Verfassungen und Gesetze, aus denen sich die rechtlichen Sorgfaltspflichten der Staaten zur Wahrung, zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte ableiten. Es gibt neun zentrale, rechtsverbindliche internationale Menschenrechtsabkommen, darunter den Zivil- und den Sozialpakt, von denen alle 193 VN-Mitgliedstaaten mindestens eines ratifiziert haben.

Nicht alle Menschenrechte sind umgesetzt

Die Tatsache, dass die Erklärung existiert oder die Abkommen ratifiziert wurden, bedeutet jedoch nicht, dass heute alle Menschenrechte umgesetzt sind. Zwar sind alle Menschen Träger*innen von Rechten, doch kann die Verwirklichung ihrer Rechte nicht als gegeben angesehen werden. Bewaffnete Konflikte, politische Gewalt, Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung von Minderheiten, Einschränkung von Meinungsfreiheit und Armut auf der ganzen Welt zeugen täglich von der mangelnden Umsetzung der Menschenrechte.

In den vergangenen 75 Jahren ist die Menschheit mit neuen Herausforderungen konfrontiert worden, die sich beispielsweise aus neuen Technologien, künstlicher Intelligenz oder dem Klimawandel ergeben, die bei der Formulierung der AEMR nicht berücksichtigt oder vorhergesehen wurden und die die Verwirklichung der Menschenrechte heute und für künftige Generationen bedrohen. Wie konkret aktuelle Herausforderungen wie der Klimawandel oder Wirtschaftsunternehmen Menschenrechte bedrohen und welche Pflichten sich daraus für Staaten ableiten, kann in der Artikelserie der FES Genf nachgelesen werden.

Internationale Menschenrechtsinstrumente müssen angepasst werden

Der Umstand, dass sich bestehende Probleme verschärfen und permanent neue Herausforderungen entstehen, zeigt deutlich, dass sich die internationalen Menschenrechtsinstrumente weiterentwickeln und anpassen müssen. Der unveräußerliche und universelle Charakter der Menschenrechte erfordert einen dynamischen Prozess, um neue und noch unvorhergesehene Probleme angemessen anzugehen, unter der Wahrung bestehender Menschenrechtsstandards.

Seit jeher wird der 10. Dezember als Internationaler Tag der Menschenrechte begangen. Dieses Jahr werden die VN ein zweitätiges High Level Event vom 11. bis 12. Dezember veranstalten. Hier werden unter anderem Staaten mit über 40 Minister*innen, Organisationen der Zivilgesellschaft, Aktivist*innen, Wissenschaftler*innen und Künstler*innen in Genf zusammenkommen, um das 75. Jubiläum der AEMR zu begehen. Ziel ist es aber auch, eine Vision zu entwickeln, wie die Entwicklung der Menschenrechte in den nächsten 25 Jahren aussehen soll. Um diesen Prozess positiv zu beeinflussen, ist es wichtig, dass sich die Zivilgesellschaft und die politischen Entscheidungsträger*innen gleichermaßen engagieren und für die Achtung und Förderung der Menschenrechte jetzt und in Zukunft eintreten. Für all das war, ist und wird die AEMR stets die entscheidende Grundlage und wichtigste Referenz bleiben.

 

Das Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Genf engagiert sich gemeinsam mit seinen Partnerorganisationen und relevanten Akteur*innen darin das VN Menschenrechtssystem zu unterstützen und weiterzuentwickeln. Seine Arbeit, die auf sozialdemokratischen Werten, Menschenrechten und Gerechtigkeit basiert, konzentriert sich auf bestimmte Kernelemente, um die Menschenrechte in den Bereichen Migration, Wirtschaft und Klimawandel voranzubringen. Anlässlich des 75. Jahrestags der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte hat die FES Genf eine Reihe von Artikeln veröffentlicht, die verschiedene thematische Schwerpunkte beleuchtet.

Autor*in
Das FES-Büro Genf

dient als Verbindung zwischen den Vereinten Nationen (Vereinte Nationen in Genf), anderen in Genf ansässigen internationalen Organisationen, FES-Landesbüros und Partnern in Entwicklungsländern, um die Stimme des globalen Südens zu stärken.

2 Kommentare

Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Mo., 11.12.2023 - 13:02

Permalink

Leider auch nicht bei uns und in der EU.
Denn die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine werden gegenüber anderen Kriegsflüchtlingen, so z.B. aus Syrien, dem Sudan und anderen Ländern eindeutig bevorzugt, indem sie kein Asylverfahren über sich ergehen lassen müssen, keine Gefahr einer Abschiebung zu befürchten haben, schneller Zugang zu Wohnung, Gesundheitsversorgung und Arbeit haben, obwohl nur ca. 19 Prozent der Ukrainer hier arbeiten.
Dabei kommen sie häufig mit SUV's her, fahren für einige Wochen zum Urlaub in ihre Heimat, während die Flüchtlinge aus anderen Ländern unter lebensbedrohlichen Umständen, nach teurer Zahlung an Schlepper oft herkommen.
Dies verstößt nicht nur gegen die Menschenrechtskonvention, sondern auch gegen Art. 3 GG.

Besser konnte ich meine Meinung auch nicht formulieren.
Ein Syrer aus meinem Bekanntenkreis bekam vor 2 Monaten vom Ausländeramt keine Arbeitsgenehmigung obwohl er einen zukünftigen Arbeitspatz nachweisen konnte und schon 7 Jahre hier ist. Die Situation ist nicht die, die Schönwetterjournalisten beschreiben.