71 Jahre Grundgesetz: Solidarisches Handeln ist die Basis unseres Sozialstaates
Thomas Trutschel/photothek
Freiheit, Vernunft und Verantwortung sind insbesondere in der anhaltenden Krise unmittelbar miteinander verbunden und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wer in einer Gesellschaft persönliche Freiheit als hohes Gut einfordert, der muss gewährleisten, dass er auch Verantwortung übernimmt für die Freiheit, Würde und Grundrechte seiner Mitmenschen. Und vor allen Dingen heißt Verantwortung, sich auch für die Gesellschaft einzusetzen, für den Nachbarn, für Kinder und Ältere, für Schwache und für ein funktionierendes Gemeinwesen.
Viele sind wegen des Corona-Virus' verunsichert
Es ist nachvollziehbar, dass Menschen in einer Krise reale und diffuse Ängste entwickeln – Ängste vor tatsächlichen Gefahren, vor den möglichen gesundheitlichen oder wirtschaftlichen Folgen, die sich für viele existenzbedrohend auswirken können. Diffuse Ängste, weil Prognosen für die Zukunft schwieriger werden und sowohl das Ende als auch die Folgen dieser Situation nicht absehbar sind. Verunsichert sind viele Menschen, weil die Bedrohung – ein Virus – weder sichtbar noch greifbar ist und daher bislang niemand zu sagen vermag, wie diese Bedrohung entstanden ist und wie sie bekämpft werden kann.
Grundlage, um Schritt für Schritt die Krise aufzulösen, sind eine Analyse auf Basis von Fakten und sich daraus ergebende Handlungsspielräume. Lösungen werden blockiert, wenn Unsicherheit und Angst auf vermeintlich Schuldige projiziert werden und dies mit nicht wirklich geprüften oder nachweisbaren Argumenten belegt wird.
Es wird zu massiven Verteilungskämpfen kommen
Wir stehen vor einer Wirtschaftskrise, bei der es zu massiven Verteilungskämpfen kommen wird. Hier gibt es reale Interessensgegensätze, die aufeinanderprallen. Solidarität bedeutet, die Ressourcen – finanzielle Mittel, medizinische Versorgung, Bildung etc. – gerecht zu verteilen. Die Verteilung kann nicht danach erfolgen, wer seine Interessen aufgrund wirtschaftlicher Macht und politischem Einfluss am nachdrücklichsten einfordert.
Die COVID-19-Pandemie hat uns allen auch vor Augen geführt, welche Berufsgruppen für unser Leben von existenzieller Bedeutung sind. Für diese Menschen müssen wir uns einsetzen, für die Krankenschwestern, Postzusteller, Polizisten, Pflegekräfte, Kassiererinnen, Alleinerziehende, kleine Betriebe und Selbstständige. Sie leisten viel, haben aber oft keine großen finanziellen Ressourcen. An ihren realen Bedürfnissen muss sich die Diskussion ausrichten.
Es gibt in diesen Zeiten auch ein paar, die laut schreien: ‚Rette sich, wer kann – Jeder gegen Jeden – Wir gegen die Anderen‘ – Solche Haltungen spalten die Gesellschaft. Zusammenhalt, Gemeinschaft, Kooperation und Solidarität stärken unser Land. Solidarisches Handeln ist die Basis unseres Sozialstaates. Gelebte Solidarität ist angesichts der Krise das maßgebliche Erfolgsrezept. Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben uns Stabilität, aber auch einen Auftrag gegeben: zum Wohl der Gemeinschaft Freiheit und Würde zu achten und den Sozialstaat zu verwirklichen.