Geistiges Eigentum ist flüchtig. Deshalb hat die Aufklärung das geistige Urheberrecht geschaffen. In Deutschland gibt es seit 1965 ein spezielles Gesetz, welches das Ziel verfolgt, die
Interessen der Gesellschaft und der Kreativen in Einklang zu bringen. Jetzt soll es reformiert werden. "Es geht darum, das Gesetz für das digitale Zeitalter fit zu machen", erklärte Brigitte
Zypries beim fünften Akademiegespräch in Berlin.
Auf dem Podium saßen außer der Ministerin nur Kritiker des Gesetzes: Klaus Staeck, Leiter der Akademie der Künste und genauso wie Zypries SPD-Mitglied, der Regisseur und Schauspieler Hark
Bohm, der Komponist Manfred Trojahn sowie der Rechtsanwalt und Vertreter der Verwertungsgesellschaften, Gerhard Pfennig. So gesehen hinkte der Vergleich nicht, den Moderator Heribert Prantl
("Süddeutsche Zeitung") bei der Vorstellungsrunde herstellte. Er präsentierte die Bundesjustizministerin scherzhaft in der Rolle des Joseph Ratzinger und alle anderen Teilnehmer als desertierte
Kardinäle. "Seien Sie vorsichtig, Sie wissen ja, was aus dem wurde" kommentierte die Ministerin schlagfertig.
Ansonsten gab es wenig Anlass zum Scherzen, denn das Publikum, das zu einem großen Teil aus Künstlern, bestand, konnte dem Gesetzentwurf wenig Positives abgewinnen. Es waren vor allem zwei
Neuerungen, die auf Kritik stießen.
Wie bisher soll auf kopierfähige Geräte eine Urheberabgabe erhoben werden. Diese soll nach dem Gesetzentwurf künftig jedoch nur noch auf Gerätearten aufgeschlagen werden, die in
"nennenswertem Umfang" zum Kopieren genutzt werden. Im digitalen Zeitalter gebe es viele Geräte, mit denen man kopieren könne, erläuterte Brigitte Zypries. Aber bei manchen komme diese Funktion nur
in sehr geringem Umfang zur Anwendung. "Deshalb wollen wir nur Gerätearten mit der Ablage belegen, die in einem Umfang von mindestens zehn Prozent für das Anfertigen von Kopien genutzt werden", so
die Ministerin.
Der zweite Stein des Anstoßes war mit einer anderen Zahl verbunden: die Abgabe für die Urheber soll auf maximal fünf Prozent des Verkaufspreises "gedeckelt" werden. Eine Regelung, die der
ursprüngliche Referentenentwurf nicht vorsah, aber im vergangenen Jahr auf Initiative des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder in den Entwurf aufgenommen wurde. "Es war ein Kompromiss mit der
Geräteindustrie, damit das Gesetz überhaupt noch auf den Weg gebracht wurde", erklärte Zypries die Hintergründe.
Angesichts der Kritik reagierte die Justizministerin in der Höhle des Löwen souverän. Noch sei ja nichts entschieden. Es handele sich lediglich um einen Entwurf, der von der Parlamentariern
noch verändert werden könne. Allerdings müssten diese genauso wie sie als Ministerin die Vorstellungen weiterer Gruppen, wie der Geräteindustrie und vor allem der Verbraucher, berücksichtigen. Und
mit Blick auf die einheitlichen Interessen der Diskussionsteilnehmer erklärte sie: "Hier auf dem Podium können Sie das Gesetz schnell reformieren."
Die Sozialdemokratin machte eine ganz andere Misere aus, unter der viele Künstler zu leiden hätten: "Viele Urheber haben Knebelverträge mit ihren Produzenten. Da kann das Urheberrecht
natürlich nur wenig helfen", sagte sie. Das Gesetz könne nur dem Grunde nach den Anspruch regeln, nicht aber der Höhe nach. "Wir können natürlich nicht die Höhe des Gehaltsanspruches für Künstler
ins Gesetz schreiben", betonte Zypries.
Einmal kam die Ministerin dann doch in Fahrt. Ein ver.di-Vertreter hatte sie gefragt, wann sie denn endlich die Fehler des Urhebervertragsgesetzes, das noch unter ihrer Vorgängerin Herta
Däubler-Gmelin in Kraft getreten war, korrigieren wolle. Zypries entgegnete, sie höre heute von ver.di-Seite zum ersten Mal Kritik an dem Gesetz. "Ich finde es ein Stück weit unfair, wenn jetzt
hier so getan wird, als wenn seit 100 Jahren darüber geredet wird - nur die blöde Ministerin kapiert es einfach nicht."
Jürgen Dierkes
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