Kultur

Zwischen Familie und Kirche

von ohne Autor · 9. März 2011
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Konrad Feninger und Karin Wagner wirken glücklich. Seit mehr als 20 Jahren führen sie eine Beziehung und lieben sich noch immer innig. Zu ihren Kindern, dem 19-jährigen Georg und der neunjährigen Marie, haben sie ein gutes Verhältnis. Alles scheint perfekt. Der einzige Haken: Conrad Feninger ist ein katholischer Priester, die Familie lebt im Geheimen.

Und nicht nur die Menschen in Feningers Schwarzwaldgemeinde wissen nichts von der Liaison ihres Pfarrers. Auch Georg und Marie ahnen nicht, dass der Kirchenmann, der oft als Freund der Familie mit am Tisch sitzt, ihr Vater ist. Die zerbrechliche Idylle gerät in Gefahr als Georg erklärt, er wolle ein Theologiestudium beginnen. Für seine Mutter ist das eine Schreckensnachricht, weiß sie doch, welche Opfer diese Entscheidung mit sich bringt und wie groß die Gefahr ist, gegen den Zölibat zu verstoßen.

So beschließt Karin Wagner, ihrem Sohn reinen Wein einzuschenken, um ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Doch das Gegenteil tritt ein: Selbstgerecht verurteilt Georg seine Eltern für ihre Tat. Und über Umwege erfährt auch der Bischof vom Verstoß Feningers gegen das Eheverbot. Er stellt ihn vor die Wahl: Entweder er trennt sich von seiner Familie und übernimmt eine neue Gemeinde oder er wird augenblicklich aus dem Amt entfernt. Ein Gewissenskonflikt entsteht, an dem der Priester zu zerbrechen droht.

Für und Wider des Zölibats

Mit dem Fernseh-Drama "Am Kreuzweg" fasst die ARD ein bereits lange glühendes heißes Eisen an. Die Frage nach dem Sinn des Zölibatsversprechens zur Ehelosigkeit beschäftigt seit Generationen die Katholiken auf der ganzen Welt. Der Hintergrund des Zölibats ist einfach: Der Priester soll Kopf und Herz frei haben für seine Gemeinde und als leuchtendes Beispiel für eine zentrale Lehre des Katholizismus dienen: Ehe und Familie sind genauso vergänglich wie die gesamte Welt. Was zählt ist allein das ewige Leben.

Und doch brechen immer wieder Priester dieses bei ihrer Weihe gegebene Versprechen. So ist es ein offenes Geheimnis, dass es viele Priesterkinder gibt, für die die katholische Kirche den Unterhalt bezahlt. Und auch die vor einiger Zeit gehäuft ans Licht geratenen Missbrauchsfälle von Kindern werden mit den Auswirkungen des Zölibats erklärt.

Die Macher von "Am Kreuzweg" nähern sich dem Thema auf höchst menschliche Weise. Ihre Protagonisten könnten statt im Schwarzwald auch in Ostfriesland leben. Die Geschichte könnte genauso gut im Ruhrgebiet spielen. Regisseur Uwe Janson und Drehbuch-Autorin Rodica Döhnert geht es um das große Ganze, um die Frage, was ein augenscheinlich so sinnloses Kirchengesetz mit den Menschen anstellt.

Menschen gegen die Kirche

Und sie geben eine überzeugende Antwort. In ihrem Film stehen die fehlbaren und dadurch so sympathischen Menschen dem scheinbar unfehlbaren und rachsüchtigen System der Kirche hilflos gegenüber. Als sich Pfarrer Feninger weigert, Karin Wagner zu verlassen, entlässt der Bischof nicht nur ihn. Auch Karin verliert ihre Stelle als Ärztin am kirchlichen Krankenhaus.

Die Schauspieler füllen dieses Freund-Feind-Schema gut aus. Überzeugend verkörpert "Bergdoktor"-Titelfigur und "Tatort"-Kommissar Harald Krassnitzer den von Selbstzweifeln zerrissenen Pfarrer Feninger. Sein Gegenspieler Bischof Gisbert Robenius (dargestellt von "Wolffs-Revier"-Protagonist Jürgen Heinrich) wirkt dagegen gefühllos und böse. Dass Vergebung ein wichtiger Teil der christlichen Lehre ist, kommt ihm nicht in den Sinn. Überhaupt wird die Kirche eher als Sekte dargestellt, in deren Fänge der junge Georg mehr und mehr gerät.

Das ist schade, denn die offensichtlichen Ungerechtigkeiten um den vermeintlichen Skandal würden den Film ohne weiteres tragen. Die Holzhammermethode braucht es nicht. Zumal sie die Gefahr birgt, die katholische Kirche unnötig zu provozieren und so eine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Thema zu verhindern. Dabei täte ihr eine offene Debatte über Sinn und Unsinn des Zölibats außerordentlich gut.

Am Kreuzweg läuft heute um 20:15 Uhr in der ARD.

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