Museumsdirektor Prof. Dr. Hans Ottomeyer sprach in seiner Eröffnungsrede davon, wie wichtig es sei, gerade denen die nach 1990 geboren worden sind, "ein Bild dieses zweiten deutschen
Unrechtsstaates zu vermitteln". Trotz der Fülle von historischen Forschungen und der ungeheuren Menge an Materialien, die zur Verfügung stünden, blieben bisher einige Antworten im Dunkeln. Wie
funktionierte der Staat im privaten Leben der Menschen? Gab es "rein private" Inseln des Daseins fern von Überwachung und Kontrolle? Diese Ausstellung versuche sich nun an der Darstellung des
privaten Lebens zwischen Anpassung und Widerspruch.
Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Marianne Birthler, begrüßte die Ausstellung als notwendig und - 18 Jahre nach dem Mauerfall
vielleicht auch als überfällig - machte jedoch gleichzeitig auf die möglichen Schwierigkeiten einer solchen Ausstellung aufmerksam. Wer von den ehemaligen DDR-Bürgern heute sage, es war nicht alles
schlecht, da er nicht unmittelbar von den Repressalien des Staates betroffen war, dem halte sie entgegen: wenn er sich nicht bewege, dann merke der Hund die Kette nicht.
Misstrauen und Kontrolle in jedem Winkel des Privatlebens
Natürlich habe sie als ehemalige DDR-Bürgerin auch glückliche, private Erinnerungen in Bezug auf ihr Familienleben oder ihre beruflichen Erfolge, doch unvergessen sei das Gefühl des
Misstrauens und der Kontrolle, das sich durch alle Lebensbereiche zog. Es habe zum Beispiel zahlreiche Themen in der Familie gegeben, die im Schulleben der Kinder oder in ihrem eigenen Berufsleben
tabu sein mussten.
Eine Ausstellung zum Alltag der DDR impliziere auch immer die Gefahr, diese Diktatur zu bagatellisieren. In diesem Zusammenahng kritisierte sie die Austellung des DDR-Museums, unweit des
Berliner Doms.
Die DDR lasse sich nun einmal nicht auf Spreewaldgurken und Haloren-Kugeln reduzieren. Umso wichtiger sei es, die Darstellung und Vermittlung des Themas nicht den (N)-Ostalgikern und
Weichzeichnern zu überlassen.
Die Kuratoren der Ausstellung, wie zum Beispiel Frau Dr. Falckenberg und Frau Jülich haben bei den Texten zu den jeweiligen Themenfeldern ehemalige DDR - Bürger zu Wort kommen lassen, ebenso
zu jedem Thema aus dem reichen Fundus an Witzen über den DDR - Alltag geschöpft.
Die Ausstellung erstreckt sich über zwei Etagen, die in die Themenfelder "Arbeit" und "das Private" unterteilt sind. Zahlreiche Themen und Begriffe wie etwa "Feierabendheim", "Frau und
Arbeit", "Wiederbewaffnung", "Wehrpflicht", "Jugendweihe" usw. werden erläutert. Zu sehen sind Plakate, Uniformen, Photos und kleinere wie größere Gegenstände des Alltags, die ausschließlich dem
Fundus des Deutschen Historischen Museums entstammen.
Alltag ohne Literatur, Mode und Theater?
Allerdings werden die, gerade für die DDR-Bürger so wichtigen, Bereiche wie Theater, Literatur und Musik kaum gestreift Man sollte doch meinen, dass gerade diese für den privaten Bereich
unerlässlich waren und bekanntermaßen zu vielen Diskussionen und Problemen mit der SED führten.
Ebenso fehlt leider auch alltägliche Kleidung, deren mangelnde Qualität und Aktualität bei nicht wenigen Frauen für Unmut sorgte. Auch die Vermittlung der Berichte von Zeitzeugen hätte besser
gestaltet werden können: Diese muss man sich anlesen. Aber genau das werden zahlreiche Schüler - als eben die nach 1990 Geborenen, die man ansprechen wollte - angesichts der Größe dieser
Ausstellung wohl kaum tun. Ein kurzes, verfilmtes Interview mit einer sichtbaren Person mag für diese Altersgruppe eindringlicher sein.
Begleitend zur Ausstellung wird es im Zeughaus-Kino Filme und Dokumentationen zur DDR geben.
Maxi Hönigschmid
Parteidiktatur und Alltag in der DDR; 30. März - 29. Juli 2007;
Pei-Bau des Deutschen Historischen Museums,
Unter den Linden 2, Berlin 10117
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