Es ging ihm nie um Gewinn, sondern um Gerechtigkeit: Der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel war nie etwas anderes als ein engagierter Kritiker des kapitalistischen Systems. Er fragte stets nach einer gerechten Wirtschaftsordnung. So ist es folgerichtig, dass der 70-Jährige am Ende seiner Laufbahn als Professor eine Abrechnung mit dem Bankensystem verfasst hat. Er fordert die Zerschlagung der Bankenmacht.
Das Buch liest sich spannend, ist eine Herausforderung für jeden Leser: Machen die Thesen von Hickel am Ende Sinn? Zerschlagen ist einfacher als gestalten. So stellt sich die Frage, was Hickel an die Stelle des jetzigen Systems, das er für vermaledeit hält, setzen will. Darum geht es in diesem Buch.
Dienende Banken statt Zocker-Buden
Hickel entwickelt sehr detailliert (und manchmal zu professoral) seine Theorie. Auf Seite 176 kommt er zum Kerngedanken, wenn er schreibt: „Die tief greifend, internationalisierte Arbeitsteilung, die auch Vorteile mit sich bringt, würde (durch eine Zerschlagung des Bankensystems) auf eine wenige interdependente Ökonomie reduziert. Zu dieser rudimentären Ökonomie gibt es aber eine Alternative. Sie lautet: Das heute Krisen verursachende und sich selbst gefährdende Bankensystem muss auf seine genuinen Funktionen zugunsten nachhaltigen Wirtschaftens zurückschrumpfen. Dazu dient die Zivilisierung der Finanzmärkte. Spekulationsabteilungen, die Eigenhandel und außerbörsliche Kanäle nutzen, haben in diesem System nichts mehr zu suchen. Die Zerschlagung des Zockerbankings öffnet den Zugang zu einem dienenden und dezentralem Bankensystems zur Stärkung nachhaltigen Wachstums.“
Wir müssen das System ändern
Hickels Forderung: Verstaatlichung. Alle Banken sollen in staatliches Eigentum überführt werden. Er weiß, dass das auch riskant ist: „Geregelt werden muss die Nutzung der Eigentumsfunktion. Wer soll entscheiden?“ Gute Fragen, aber seine Antworten sind nicht präzise genug. Hier liegen die eigentlichen Probleme. Wer gestaltet die Umstände?
Hickel formuliert stark. Am Ende (Seite 222) fasst er seine Gedanken noch einmal quasi als Pamphlet für eine „Bankenrevolution“ zusammen. Dort ist zu lesen: „Es gehört zu allem der politischer Mut, die Bankenmacht zu demontieren. Notwendige Bedingung ist ein entscheidungsfähiges und -williges System der parlamentarischen Demokratie. Hinzukommen muss endlich die Demokratisierung der Banken im Rahmen einer allgemeinen Wirtschaftsdemokratie. Eine machtvolle, ethisch fundierte Umzingelung der profitwirtschaftlichen Finanzmärkte diente der Einbettung des Bankensystems in eine zukunftsfähige Gesellschaft.“
Das ist ein Gedanke, über den wir in dieser gegenwärtigen Krise mehr als nur ein wenig nachdenken sollten. Dieses System hat uns die Krise gebracht, wir müssen über Änderungen nachdenken. Wer dieses Buch liest, kommt auf viele Ideen und bekommt noch mehr Denkanstöße. Vieles ist utopisch, aber manches durchaus umsetzbar. Mich hat Hickel sehr nachdenklich gemacht. Wir müssen das System ändern, nehmen wir die Gedanken des Bremer Professors mit auf den Weg. Die Entmachtung der Banken ist für Hickel eine notwendige Konsequenz zur Rückgewinnung des Primats der Politik über die Unternehmenswirtschaft.
Rudolf Hickel: „Zerschlagt die Banken. Zivilisiert die Finanzmärkte“, Econ Verlag, Berlin 2012, 224 Seiten, 14,99 Euro, ISBN 9783430201414