Kultur

World Press Photos: Szenen vom Weltgeschehen

Die Wanderausstellung World Press Photo macht auch in diesem Jahr mit ihren Siegerfotos Station im Willy-Brandt-Haus. Zu sehen sind bewegende Bilder, die zum Nachdenken anregen.
von Johanna Lehn · 8. Juni 2018
José Víctor Salazar Balza fängt Feuer
José Víctor Salazar Balza fängt Feuer

„Die World Press Photos mahnen uns, die Augen vor den Ungerechtigkeiten dieser Welt nicht zu verschließen“, sagt SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan zur Ausstellungseröffnung der Pressefotografien, die den renommierten World Press Photo Award gewonnen haben.  

Bereits zum 15. Mal hat das Willy-Brandt-Haus die Ausstellung nach Berlin geholt. Bei der Vernissage zu Gast sind die Ägypterin Heba Khamis und der Deutsche Jesco Denzel. Sie sind die Preisträger der Kategorie „Contemporary Issues“.

„Menschen hier müssen von Menschen dort erfahren“

Heba Khamis erzählt mit ihrer Bilderreihe vom traditionellen „Breast Ironing“, bei dem Mütter aus Kamerun die Brüste ihrer Töchter mit heißen Gegenständen reiben oder mit Gurten abbinden, um das Wachstum zu hemmen und sie so vor Vergewaltigungen und Belästigung zu schützen. Jesco Denzels Siegerfoto macht auf alteingesessene Fischerfamilien im nigerianischen Lagos aufmerksam, die wegen der begehrten Grundstücke am Wasser von Reichen verdrängt werden.

„Ich bin voller Zweifel, aber ich muss weitermachen, denn die Menschen hier müssen von den Menschen dort erfahren“, sagt Khamis über ihre Arbeit. Der Journalist Peter-Matthias Gaede betont im Gespräch mit den Preisträgern die Wichtigkeit von Fotografen, besonders in Zeiten, in denen Rechtspopulisten den Medien Lügen vorwerfen: „Welches Bild hätten wir vom Weltgeschehen, von Raqqa und Mosul, von der Plastikmüllflut im Mittelmeer, von den Rohingya ohne Journalisten und ohne Fotojournalisten?“

Protest in Flammen

World Press Photo wurde in diesem Jahr ein Bild von Ronaldo Schemidt, der einen Demonstranten in Flammen während der Unruhen in Venezuela porträtiert. Daneben prämiert die World Press Photo Foundation Pressefotos in acht Kategorien, über die Preisträger entscheidet eine unabhängige Jury. Dieses Mal wurden aus über 73.000 Fotos von mehr als 4.500 Fotografen aus 125 Ländern 42 Siegerfotografen ausgewählt, deren Werke nun in der Ausstellung zu sehen sind.

Darunter ist die Fotostrecke zweier Schwestern aus Österreich. Carla Kogelman aus den Niederlanden fotografiert die Mädchen seit 2012, meist einige Wochen im Sommer, und hält so fest, wie sie gemeinsam aufwachsen. Ein weiteres mehrteiliges Werk ist die Serie von Adam Ferguson. Er porträtiert zehn Frauen, die von der Boko Haram gefangen gehalten wurden. Ihre Gesichter bildet er nicht ab. Seit 2014 entführte die islamistische Terrormiliz über 2.000 Mädchen.

Zwischen Extrem-Marathon und humanitärem Leid

Viele Fotos zeigen Leid und Katastrophen: Kriegsszenen in Syrien, Flüchtlinge in Camps, oft die verfolgten Rohingya aus Myanmar. Mehrere Beiträge bilden Amokläufe in den USA ab. Die Fotos dokumentieren gesellschaftliche Zustände, erzählen von Unrecht und demonstrieren, was sich ändern muss.

Gleichzeitig halten die prämierten Fotografen Absurdes und Beeindruckendes fest. Zum Beispiel das Bild eines traditionellen Fußballspiels in Großbritannien mit der einzigen Regel: Jeder muss überleben. Oder das Foto eines siebentägigen Marathons in der Wüste: Die Teilstrecken betragen bis zu 80 Kilometer. Besonders die Bilder der Kategorien Umwelt und Natur, wie die von Pflegern mit jungen Elefanten in Kenia oder der Pinguinpopulation in den 1890ern und heute, zeichnen unsere Tier- und Lebenswelt als schön und vergänglich zugleich.

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Autor*in
Johanna Lehn

studiert Politikwissenschaft und Soziologie und schreibt für den „vorwärts“.

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