Kultur

Wolfgang Herrndorf: Das Leben mit dem Tod vor Augen

von Anina Kühner · 28. August 2013

Seine Fähigkeit, über Jugendliche zu schreiben und sie zugleich ernst zu nehmen, machte Wolfgang Herrndorf zu einem Ausnahmeschriftsteller. Vergangenen Montag starb er in Berlin.

„Tschick“, Wolfgang Herrndorfs Roman über zwei Teenager, die ziel- und planlos durch Ostdeutschland reisen und dabei schrägen Menschen und zuletzt auch ihrer eigenen Identität näher kommen, hat sich zurecht zum Bestseller entwickelt. 2010 wurde der Roman mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Im selben Jahr wurde bei Herrndorf ein bösartiger Gehirntumor diagonsitiziert.

Den Kampf mit seiner Krankheit führte er öffentlich. In einem Blog mit dem Titel „Arbeit und Struktur“ (www.wolfgang-herrndorf.de) berichtete er über Jahre hinweg Tag für Tag über das Leben mit dem Tod vor Augen. Durch das Schreiben hielt er Kontakt zu sich selbst und zur Außenwelt.

Wolfgang Herrndorf, der am 12. Juni 1965 in Hamburg geboren wurde, arbeitete nach seinem Kunststudium in Nürnberg unter anderem als Illustrator für das Satiremagazin „Titanic“. Sein erster Roman „In Plüschgewittern“ erschien 2002. Auch hier spielte Herrndorf bereits mit Motiven des Jugendromans. Sein letzter Roman „Sand“, der 2011 erschien, parodiert das Genre des Agententhrillers und stieß bei Rezensenten auf durchweg positive Kritik. 2012 wurde er mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet.

„Ich habe eine woher auch immer recht genaue Vorstellung von meiner verbleibenden Zeit, die sich von Zeit zu Zeit ändert“, schrieb der Autor noch am 26.7.2013 in seinen Blog und machte damit den quälenden Wartezustand deutlich, in den ihn die Krankheit gezwungen hatte.

In der Nacht auf den 27. August verstarb Wolfgang Herrndorf in Berlin im Alter von nur neunundvierzig Jahren. Laut einer engen Freundin und der letzten Eintragung in seinem Blog nahm er sich selbst das Leben. Mit ihm starb eines der großen Talente der deutschssprachigen Gegenwartsliteratur.

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Anina Kühner

studiert Germanistik und Buchwissenschaften in Mainz. Im Sommer 2012 absolvierte sie ein Praktikum beim vorwärts.

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