Kultur

Wirbel um das F-Wort

von Die Redaktion · 10. August 2007

In diesem Buch wird nicht nur aus Sicht von Frauen aufgeklärt, wie weit wir eigentlich gekommen sind in Fragen der Haushaltsführung, Erziehung und Karriere. Das Fazit ist mau: Immer noch erledigen Frauen die meiste Arbeit im Haushalt. Immer noch gibt es zu wenig Betreuungsplätze für Kinder, und kaum Männer bleiben zu Hause. Immer noch sind die Zahlen weiblich besetzter Führungspositionen in Politik, Wissenschaft und vor allem Wirtschaft marginal. Für Frauen heißt der Wunsch nach einem eigenen Job die doppelte bis dreifache Belastung: Beruf plus Haushalt plus Kind. Junge Frauen haben hohe und bunte Lebensziele. Aber sie werden immer wieder zurückgepfiffen. Meist mit der Begründung, das entspräche nicht ihrer Natur.

Die Wissenschaft hat festgestellt...

Die "Natur" der Geschlechter ist ein großes Thema in dem Sammelband. Die Journalistin Eva-Maria Schnurr zum Beispiel geht der populärwissenschaftlich geführten Diskussion auf den Grund. Da nämlich wird behauptet, bei allen sozialen Gruppen gebe es viele Möglichkeiten für die Erklärung ihres Verhaltens: "Die Kultur! Die Tradition! Die soziale Situation! Die Weltpolitik!". Nur bei Frauen und Männern sei alles biologisch vorbestimmt. In einem spannenden und fundierten Report über das "Gendern" ("geschlechtern") von frisch geborenen Babys kommt sie zu dem klaren Fazit: Die Menschen sind verschieden, aber nicht zuerst auf der biologischen Basis. Denn innerhalb der Geschlechter sind mehr Unterschiede zu beobachten als zwischen den "beiden" Geschlechtern.

Die traditionelle Rollenaufteilung mit der Steinzeit zu begründen, ist ebenfalls eine beliebte Strategie. Wie subjektiv Wissenschaft gemacht wird, zeigen die Beiträge von Brigitte Röder und Sigrid Schmitz über geschlechtsspezifische Gehirnnutzung und unsere urzeitlichen Jäger- bzw. Sammlerrollen. Gerade mit der (Natur-)Wissenschaft wird gern begründet, "warum Männer nicht zuhören und Frauen nicht einparken können." Der gleichnamige Bestseller von Allan und Barbara Pease bekommt ebenso sein Fett weg wie das "Eva-Prinzip" von Eva Herman. Beinahe jeder Aufsatz belegt auf die ein oder andere Art, wie unfair und falsch die hier verbreiteten Rollenklischees sind. Dabei wird nicht nur mit ethischen Grundsätzen der Gleichberechtigung argumentiert, sondern auch mit harten Fakten der Wissenschaft. Ein bisschen nach dem Motto "mach dir die Strategie des Feindes zu eigen."



Was Feminismus bedeuten kann...




Die Herausgeberin versucht bereits Eingangs zu klären, wie Feminismus zu definieren sei. Sie interpretiert das "F-Wort" vor allem als Freiheit. Es bedeute, alle Menschen in ihren Wünschen und ihrer Individualität zu fördern. Feminismus hieße für Frauen nicht, keine Kinder zu wollen, sondern sich zu entscheiden, ob, wann und mit wem. Feministinnen seien keinesfalls automatisch Latzhosenträgerinnen und Lesben, Lesben nicht automatisch Männerhasser und Familienfeinde. Auch die Autorin Elke Buhr erklärt, dass sich "sexuelle Identität eben nicht automatisch von den Chromosomen ableitet, sondern dass sie ein soziales Spiel ist." Und das schließe alle Formen der sexuellen Orientierung und Lebensweise mit ein.

Das vorgestellte Feminismus-Konzept ist schlüssig. Doch irritiert es, wenn zum einen die feministische Lebensführung eine Frau nicht automatisch zur Feministin macht und zum anderen ein paar Seiten später behauptet wird, Feminismus sei die Theorie, Emanzipation die Praxis. Auch der Untertitel, "Feminismus ist sexy" ist schwer mit dem Anspruch eines gesamtpolitischen Konzepts zu vereinbaren. Es wirkt etwas verkrampft, wie Mirja Stöcker auf die Attraktivität und den Spaßfaktor der Gleichberechtigung aufmerksam machen will.

Bleiben wir doch bei der Definition von Feminismus als Freiheit: Ihr Grad ist im Feminismus hoch bemessen - Was kann daran "böse" sein?

Julia Kleinschmidt

Das F-Wort. Feminismus ist sexy; herausgegeben von Mirja Stöcker, Ulrike-Helmer-Verlag, Frankfurt 2007, Paperback 12,90 Euro, ISBN 978-3-89741-220-0

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