Wie Theater und Bibliotheken mit steigenden Energiekosten umgehen
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„Winter is coming“: Der Winter naht. So lautet eine oft geäußerte Warnung in der Fantasy-Serie „Game of Thrones“. Ja, der Winter naht – und mit ihm eine hohe Inflation und explodierende Energiepreise, eine Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. Besonders kritisch droht es für die Kulturbranche zu werden, die pandemiebedingt immer noch unter Publikums- und Einnahmenverlust leidet. Wie geht man dort mit der Energiekrise und ihren Auswirkungen um?
Der Spagat beim Heizen
„Wenn es bei Veranstaltungen nicht warm genug ist, bleiben die Leute erst recht weg“, konstatiert Elisabeth Röttsches, Leiterin des Literaturhauses Herne Ruhr. Gespart wird dort bereits, zum Beispiel an der Bühnen- und Saalbeleuchtung: Die brennt nur noch so lange wie nötig. Beim Heizen gilt es, einen Spagat hinzubekommen zwischen Temperaturen, bei denen man sich wohlfühlt, und notwendiger Einsparung. Röttsches: „Man möchte ja eine schöne Atmosphäre schaffen. Die kriegt man aber nicht, wenn man das Publikum bitten muss, einen Pulli mehr anzuziehen.“ Damit, dass Veranstaltungen abgesagt werden müssen, rechnet sie momentan nicht. Sollten die Kosten jedoch weiter steigen, müsse man über zusätzliche Maßnahmen nachdenken.
Auch Malena Kimmig überlegt, wie Energie eingespart werden kann. Sie leitet die Stadtbibliothek Offenburg und betont, wie gut es dieser im Vergleich zu anderen Bibliotheken gehe: Momentan wird sie mit 19 Grad normal beheizt und bleibt auch über den Jahreswechsel geöffnet. „Die Bibliothek ist ein beliebtes Aufenthaltsgebäude“, sagt Kimmig. „Seit Beginn der Pandemie kommen viele Menschen verstärkt zum Arbeiten hierher.“ Sollte die Lage kritischer werden, könne man im Gebäude Aufenthaltsbereiche definieren, die normal, und andere Bereiche, die weniger geheizt würden. Und: Der Warmwasserboiler in der Teeküche bleibt schon jetzt abgeschaltet.
150 Prozent mehr Geld für Strom
Abgedreht bleiben im Staatstheater Cottbus die Heizungen in den Fluren und den Foyers. Außerdem wurde ein großer Teil der Außenbeleuchtung auf LED umgerüstet, und alle Spielstätten werden nur noch für die Dauer der Veranstaltung beleuchtet. Insgesamt sei das Theater gut aufgestellt, findet Iris Dönicke, Kaufmännische Geschäftsführerin und Vorstandsvorsitzende der Brandenburgischen Kulturstiftung Cottbus-Frankfurt (Oder): Zwar gehe man bis Jahresende von einem zehnprozentigen Mehrbedarf aus, das Theater beziehe aber Ökostrom aus Verträgen mit langen Laufzeiten und spüre deshalb „die massiven Kostensteigerungen nicht so sehr wie andere Häuser.“
Kritischer sieht es im Berliner Kinder- und Jugendtheater GRIPS aus. Dort rechnet man mit einer Verdoppelung der Kosten für Wärme und einer Preissteigerung um 150 Prozent für Strom. Dass Veranstaltungen abgesagt werden müssen, hält Geschäftsführer Andreas -Joppich für möglich, sollten die momentane Mehrkosten nicht in künftigen Haushalten ausgeglichen werden. Er verweist auf ein weiteres Problem: „Insgesamt sind Gehälter im freien Kinder- und Jugendtheater sehr niedrig, sodass viele bei der Kostensteigerung Existenzängste haben.“
Klares Signal der Politik gefordert
Immerhin: Die Politik will die Kultureinrichtungen mit den hohen Energiekosten nicht alleinlassen – und sie mit Restmitteln des Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen unterstützen, rund eine Milliarde Euro. Für den Hamburger Kultursenator und Vorsitzenden des Kulturforums der Sozialdemokratie Carsten Brosda braucht es gerade jetzt „die Orte der Kultur, in der wir uns als Gesellschaft begegnen, sehen können, dass eine andere Welt möglich ist“.
Auch jenseits aktueller Krisen müsse sichergestellt werden, „dass ausreichend Geld dort zur Verfügung steht, wo es gebraucht wird“. Die Kommunen würden einen Großteil der Kosten tragen und müssten strukturell unterstützt werden. Andreas Joppich gibt zu bedenken, dass Kultur insgesamt sowie bisher unterfinanzierte Bereiche wie das Kinder- und Jugendtheater in Zukunft deutlich teurer würden: „Wie Politik und Gesellschaft hiermit umgehen, ist unklar, und bereitet uns natürlich Sorgen.“ Iris Dönicke findet, wichtig sei für Kulturinstitutionen vor allem das klare Signal der Politik: „Wir vergessen euch nicht!“