Wie Mo Asumang die Nazis das Fürchten lehrte
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Gruselige Gestalten trifft Mo Asumang bei ihrer Reise durch die Nazi-Welt: Den jungen Schläger Marek, der in Brandenburg im Gefängnis sitzt, weil er einen Mann aus Togo krankenhausreif geprügelt hat. Den inzwischen verstorbenen Nazi-Anwalt und NPD-Funktionär Jürgen Rieger aus Hamburg, der von „Artgemeinschaft” und „Rassenschande” faselt. Sie verabredet sich sogar mit Mitgliedern des amerikanischen Ku-Klux-Klan, um mitten in der Nacht in einem abgelegenen Waldstück über Rassismus zu diskutieren.
„Diese Kugel ist für dich, Mo Asumang!”
Die meisten Menschen würden solchen Leuten lieber nicht im Dunkeln begegnen, geschweige denn die Konfrontation mit ihnen suchen. Mo Asumang aber hat genau das getan – wohlgemerkt als eine schwarze Frau, die am eigenen Leib rechte Gewalt erlebt hat und aus der Nazi-Szene bereits mit dem Tod bedroht worden ist.
Am Anfang ihrer Expedition durch den braunen Sumpf stand die Angst. Die kam, als Asumang zum ersten Mal die CD „Noten des Hasses” der „White Aryan Rebels” hört: „Diese Kugel ist für dich, Mo Asumang”, lautet eine Textzeile der Neonazi-Band.
Die Suche nach den „Ariern“
Anstatt sich von der Todesdrohung einschüchtern zu lassen und unterzutauchen, wählt Mo Asumang eine andere Strategie: Sie macht sich auf, die Menschen zu suchen, die sich „Arier” nennen und von einer „reinen Rasse” träumen – sie will herausfinden, woher der Hass kommt, will die Nazis konfrontieren. Ihre Reise durch die rechte Unterwelt dokumentiert sie mit der Kamera für die beiden Dokus „Roots Germania“ (2007) und „Die Arier“ (2014).
In dem Buch „Mo und die Arier” gibt die Filmemacherin einen Einblick in ihre Gedanken- und Gefühlswelt während ihrer Reise durch die rechte Szene. Wenn sich Mo Asumang den Nazis nähert, sind diese plötzlich vollkommen verstört. Auf dem Berliner Alexanderplatz mischt sie sich unter eine Demo von 3000 Rechtsextremen – kaum einer traut sich, mit ihr zu sprechen. Sie besucht den Neonazi Marek, der wegen schwerer Körperverletzung im Gefängnis sitzt und für seine Tat keine Reue zeigt. In einem Zimmer mit Mo Asumang vermeidet der rechte Schläger den Augenkontakt, stammelt vor sich hin, verhält sich „fast schüchtern”.
Augenkontakt als Mittel gegen Nazis
Die Autorin findet ihr eigenes Mittel gegen die Nazis: „Das In-die-Augen schauen und der direkte Kontakt.” Diese sind damit überfordert: Ob beim Rechtsrock-Konzert der NPD in Thüringen oder beim Ku-Klux-Klan in den USA – die Rechtsradikalen wissen nicht, wie sie mit Mo Asumangs Fragen umgehen sollen.
„Mo und die Arier“ ist ein eindrucksvolles, persönliches Buch. Durch den lockeren Erzählstil lässt es sich leicht lesen, obwohl es um schwierige Themen geht: vom alltäglichen Rassismus bis zum rechten Terror. Dabei zeigt die Autorin, dass die Nazis ihr eines nicht nehmen können: den Humor.
Im Gefängnis sagt der rechte Gewalttäter Marek zu der in Kassel geborenen Journalistin, sie gehe besser dahin „zurück”, wo ihr Vater herkommt – nach Afrika. Zwei Jahre später erfüllt sich Asumang einen lang gehegten Wunsch und fliegt nach Ghana, in die Heimat ihres Vaters. Von dort schickt sie eine Postkarte nach Deutschland: „Lieber Marek, ich bin jetzt in Afrika. Danke für den Tipp.”
Mo Asumang: „Mo und die Arier. Allein unter Rassisten und Neonazis“, Fischer Verlag, 272 Seiten, 14,99 Euro, ISBN 978-3-596-03443-7
ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.