Dies ist ein Buch für Menschen, die nicht genug bekommen können. Genug von diesem "Weltensammler" Richard Francis Burton und seinem Biografen Ilija Trojanow. Abenteurer beide, besessene
Schreiber auch. Ein Fan-Buch also im doppelten Sinne. Dazu eins, das wunderschön gestaltet ist: in den Kapitelüberschriften arabische Kalligrafie in Gold, die Texte von Francis Burton in Grün, die
von Trojanow in Schwarz. Dazu historische Fotos und Zeichnungen.
Gulliver in Goa
Auf Reise in die Vergangenheit und in die Gegenwart entführen uns beide Autoren. Zuweilen inhaltlich kaum noch zu unterscheiden: Erzählt da jetzt Burton, der exzentrische britische Diplomat,
Spion und Entdeckungsreisende des 19. Jahrhunderts oder der in Bulgarien geborene, in Deutschland und Kenia aufgewachsene Trojanow, der auf den Spuren dieses Abenteurers unterwegs war? Oft scheint
die Zeit stehen geblieben. Gestern und heute verschmelzen. Wie Gulliver in Liliput wacht Trojanow auf am Strand von Goa, umzingelt von Kindern, die ihn am Liegestuhl festgebunden haben: "Wer seid
ihr? - Wir sind die, die nicht in die Kirche müssen. - Was macht ihr mit mir? - Du bist ein angeschwemmter Fisch. Wir haben dich gefangen genommen..." Phantasie? Realität? Gestern? Heute? Was macht
das schon.
Allerdings, auch das muss gesagt werden: Ohne den "Weltensammler" macht dieses Buch nur halb so viel Spaß. Der erschien 2006 und ist Trojanows Abenteuerroman über Burton, für den er sieben
Jahre recherchierte und 2006 den Preis der Leipziger Buchmesse erhielt. "Burton war wie ein Orchester ohne Dirigent. Ich habe versucht, dieses Orchester abzubilden, ohne es einem Taktstock zu
unterwerfen", schreibt Trojanow über seinem neuestes Buch. Kann das gelingen? Lesen Sie selbst.
Susanne Dohrn
Ilija Trojanow, Nomade auf vier Kontinenten. Auf den Spuren von Sir Richard Francis Burton, Eichborn Verlag Frankfurt am Main 2007, 440 Seiten, 26,96 Euro, ISBN 9783821854632
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