Weihnachten nicht zu Haus'
Ihre Weihnachtsgeschichten am Kamin gibt die Hamburger Journalistin Ursula Richter nun schon zwanzig Jahre lang heraus. Sie sucht und findet immer wieder neue Ideen und Schauplätze für das
weihnachtliche Geschehen. Diesmal hat sie zusammen mit der freien Autorin Angelika Gardiner nach Hotelgeschichten geforscht. Heiteres und Besinnliches, Gemütliches und Exotischen fördern sie zu
Tage. Da ist jenes Ehepaar, das dem weihnachtlichen Familientrubel entkommen will und Weihnachten in ganz besonderer Weise in Paris zelebriert. Ein junges Mädchen trifft im DDR-Hotel "Unter den
Linden" seine Weltfestival-Jugendliebe, einen chilenischen Emigranten. Eine Frau erlebt einen beinahe ab- und dann doch total angesagten Kochkurs im Hotel und führt zwei Liebende zusammen. Eine
Hotelfachfrau hilft einem alten Mann beim Warten aufs verspätete Christkind am Heiligen Abend. Während der Autofahrt eingeschneit erreicht eine von Mann und Mutter versetzte Frau mit Müh und Not
ein kleines Hotel. Obwohl es geschlossen ist, erlebt sie einen zauberhaften Weihnachtsabend mit ganz besonderen Gästen. Und schließlich verdreht gar ein Voodoo-König einer Hoteldirektorin den Kopf.
Es sind die schönsten und die unglaublichsten Geschichten, die das Leben schreibt. Erlebt, weil Menschen mal freiwillig, mal unfreiwillig den Heiligen Abend oder die Vorweihnachtszeit nicht
daheim verbringen. "Weihnachten im Hotel", schreibt Angelika Gardiner im Vorwort "ist das, was man draus macht. Und auf jeden Fall ist es ganz, ganz anders als zu Hause unterm Lichterbaum".
Ursula Richter, Angelika Gardiner (Hg.): Weihnachtliche Hotel-Geschichten, Rowohlt Verlag, Reinbek 2006, 240 Seiten, 7,90 Euro, ISBN 3-499-24299-0
Und das Christkind gibt's doch
Witzig, nachdenklich und ironisch sind die Weihnachtsgeschichten und Gedichte von Christine Nöstlinger. Sie wuchs im Arbeitervorort Wiens auf und beschreibt, was sie dort in der
Weihnachtszeit erlebte: vom wundersamen Verschwinden und Wiederauftauchen eines Weihnachtskarpfens, vom vertuschten Weihnachtsgeschenk-Vertauschen, vom ultimativen Beweis, dass es das Christkind
tatsächlich gibt... Jede Geschichte, jedes Gedicht ist so nah an der Wirklichkeit und doch ein kleines Wunder.
Lieber, guter Weihnachtsmann
weiß nicht, ob einer wie du das kann,
aber falls du dazu imstande,
mach bitte Frieden im Lande!
Mach, dass alle sich besser vertragen,
einander keine Gemeinheiten sagen,
nie streiten, nie gierig sind, nie lügen,
nie neidisch sind und nie betrügen,
keinen vergessen, keinen verlachen,
keinen zur Sau oder Schnecke machen.
Dass es weder Sieger noch Verlierer gibt
Und jeder jeden ein bisschen mehr liebt.
PS:
Weiß schon, ist viel Arbeit, macht wenig Spaß,
aber kriegst du sie hin, so schenk ich dir was:
ein Kilo Watte, flauschig und zart,
für einen nagelneuen Rauschebart!
Christine Nöstlinger: Fröhliche Weihnachten, liebes Christkind! Mit Vignetten von Christina Bretschneider, Patmos Verlag, Düsseldorf 2006,128 Seiten, 13,50 Euro, ISBN 3-85191-421-X
Der Weihnachtsmann im Ruhrpott
Wenn der Weihnachtsmann in den Ruhrpott kommt, kann keiner so gut davon berichten wie der Bochumer Frank Goosen: unnachahmlich, heiter und traurig zugleich.
Da ist der Ex-Student Holger. Um sein schmales Geld etwas aufzubessern, verdingt er sich im Supermarkt als Weihnachtsmann. Nach Dienstschluss am 24. Dezember trifft der mit rotem Wams Perücke
und Rauschebart verkleidete Holger auf einen Kollegen. Bei dem scheint aber alles echt zu sein, wie ein Zupftest ergibt. Noch dazu spielt er auf seiner mit sechs silbernen Saiten bespannten Gitarre
echten Country-Beat. Holger ist hin und weg. Doch dann läuft alles schief an diesem öden, grauen Nachmittag des Heiligen Abend.
Oder doch nicht? Irgendwer scheint im Hintergrund die Fäden zu ziehen. Und schließlich wird alles gut. War es am Ende gar der rockende Nikolaus, der aus traurigen Einzelgängern eine
glückliche Familie machte?
Frank Goosen liest Sechs silberne Saiten, CD, Eichborn Verlag, Roof Music, Bochum 2006, 14,90 Euro, ISBN 3-938781-31-9
Das Buch erschien zeitgleich bei Eichborn, 96 Seiten mit Illustrationen von Peter Schössow, 12 Euro, ISBN 3-8218-4693-0
Getürkte Weihnacht
Was für eine Bescherung? Der Vorzeige-Einwanderer Osman hat sich in den Kopf gesetzt "Eingeborenen-Weihnacht" zu feiern. Wie die Deutschen halt: So schwer kann das doch nicht sein! Man
besorgt einen Weihnachtsbaum und jede Menge Weihnachtskugeln, kauft Geschenke für Frau und Kinder, feiert nett im Kreise der Kollegen bevor es dann am Heiligabend im Kreise der Familie so richtig
gemütlich wird. Na und Silvester erst...
Osman hat sich das alles so schön vorgestellt, doch immer wieder gibt es Schwierigkeiten, nicht nur mit seiner Ehefrau Eminanim, der "zweitgrößten Nervensäge des Mittleren Orients" und seinem
kommunistisch angehauchten Sohn Mehmet... Auch Fluchtpläne erweisen sich schließlich als unmöglich, denn "am Heiligabend ist Deutschland geschlossen".
Fröhliche Weihnachten also! Mit Osman hat man jedenfalls jede Menge Spaß.
Osman Engin: Getürkte Weihnacht, dtv, München 2006,155 Seiten, 6,90 Euro, ISBN 3-423-20931-3
Vom Sinn des Festes
Dass im Weihnachtsrubel der Sinn für das Fest der Liebe nicht verloren geht, dafür sorgt Regina Strahels Geschichtenbuch. Sie muss sich gar nichts ausdenken, sondern begibt sich einfach
hinein in die Welt der Menschen.
Anrührend erzählt sie deren Erlebnisse rund im Weihnachten. Eine junge Mutter begegnet einem rätselhaften alten Mann. Warum wird ihr da plötzlich klar, dass sie für die Hektik in ihrem Leben
selbst die Verantwortung trägt? Ein Junge läuft von zu Hause fort. Er will das Christkind suchen, das es angeblich gar nicht gibt. Wird er es finden? Ein geschiedener Mann muss am Heiligen Abend
unverhofft seine Kinder hüten. Wird es ihm gelingen, die Weihnachtsgeschichte neu zu erfinden?
Regina Stahels Geschichten bringen das Herz auch des größten Weihnachtsmuffels zum Schwingen. Was kann es Schöneres geben in der schönsten Jahreszeit, wenn alle Welt das Fest der Feste
feiert?
Regina Stahel: Weil Weihnachten ist, Patmos Verlag, Düsseldorf 2006,132 Seiten, 12,95 Euro, ISBN 3-491-45083-7
Zusammengestellt von Dagmar Günther
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