Kultur

Wegmarken aus 150 Jahren deutscher Sozialdemokratie

von Uwe Knüpfer · 10. Oktober 2012

Deutschland steckt voller Gneisenau-, Moltke- und Hindenburgstraßen. Otto-Wels-, Ernst-Heilmann- oder Elisabeth-Selbert-Straßen sind deutlich seltener zu finden. Deutschland hat gern seine Haudegen geehrt – und Demokraten übersehen. 

Umso besser, dass es Bücher gibt wie dieses: „Menschen, Ideen, Wegmarken – Aus 150 Jahren deutscher Sozialdemokratie“.

Bernd Faulenbach und viele Mit-Autoren beschreiben darin Schlüsselszenen sozialdemokratischer – und deutscher – Geschichte. Vom Einfluss wandernder Handwerksgesellen und geheimer radikaler Bünde bis zu Gerhard Schröders „Nein“ zum Irakkrieg. 

In knappen, nüchternen, nichts verklärenden Aufsätzen entfaltet sich ein Panorama des Fortschritts. Nichts weniger wird hier sichtbar als die Wandlung eines bigotten, militaristischen, obrigkeitsgläubigen Landes zu dem Deutschland, das Besucher aus aller Welt heute erleben können: weltoffen, friedlich und voller Entfaltungsmöglichkeiten.

Welche Widerstände zu überwinden waren auf dem langen Weg zum „modernen Deutschland“ und welche Opfer gebracht werden mussten, auch daran erinnert dieses Buch.

Daran, dass Parteigründer wie August Bebel Jahre ihres Lebens in Gefängnissen zubrachten und ein aufrechter Demokrat wie Julius Leber umgebracht wurde. Und auch an den Hass, der Willy Brandt entgegenschlug, als er in Warschau niederkniete.

Nebenbei räumt das Buch mit Mythen auf. So ist die SPD keineswegs erst 1959 zur Volkspartei geworden. Der Keim dazu war angelegt, als Ferdinand Lassalle und seine Nachfolger versprachen, ALLE Menschen von jeder Art Klassenherrschaft befreien zu wollen. 

Sozialdemokraten übernahmen oft dann Verantwortung, wenn andere versagt hatten. Das wurde ihnen selten gedankt. Bis heute wirkt die Propaganda von KPD und SED nach, Sozialdemokraten seien vom Weg zum wahren Sozialismus abgewichen. Dieses Buch räumt auch damit auf. Unverzichtbare Lektüre für jeden Demokraten und alle, die es werden wollen.

Buchvorstellung mit Klaus Schönhoven und Bernd Faulenbach auf der Frankfurter Buchmesse am vorwärts-Stand | Halle 3.0  B173

am 11.10.2012 um 11.30 Uhr

Willy Brandt. Im Zweifel für die Freiheit

Reden zur sozialdemokratischen und deutschen Geschichte

Buchvorstellung mit Klaus Schönhoven und Bernd Faulenbach

Eine Veranstaltung des Verlages J.H.W. Dietz Nachf., Bonn

Bernd Faulenbach, Andreas Helle: Menschen, Ideen, Wegmarken.Aus 150 Jahren deutscher Sozialdemokratie, vorwärts|buch, 384 Seiten, 35 Euro, ISBN 978-3-86602-210-2

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Autor*in
Uwe Knüpfer

war bis 2012 Chefredakteur des vorwärts.

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