„Welche Rolle spielen Bürgermedien in unserer Demokratie?“ lautete die Frage der Podiumsdiskussion in der Friedrich-Ebert-Stiftung. Geladen waren BürgerInnen und Vertreter aus Politik und Wissenschaft.
Neben den Massenmedien existiert in Deutschland eine breite gefächerte Bürgermedien-Landschaft. Bürgermedien sind von Bürgern für Bürger produzierte Rundfunk- und Fernsehformate, abseits der öffentlich-rechtlichen und privat-kommerziellen Sender. Sie werden finanziert von Vereinen, gemeinnützigen Körperschaften oder einer Landesmedienanstalt und organisieren sich im Bundesverband Bürger- und Ausbildungsmedien, bvbam.
Indem sie in ihrem Programm regionale und lokale Probleme thematisieren, spiegeln sie die Meinungsvielfalt der Republik wider. Dabei sind lokale Partizipation und freiwilliges Engagement zentrale Bestandteile ihrer Arbeitsweise.
Öffentlichkeit und Bürgermedien
Zu Beginn der Veranstaltung am vergangenen Donnerstag in der Berliner Friedrich-Ebert-Stiftung stellte Dirk Müller (Deutschlandfunk) den Vortrag von Kurt Imhof (Universität Zürich) vor, der krankheitsbedingt fehlte. Müller machte deutlich, dass sich Bürger durch Bürgermedien wechselseitig aufklären und somit eine Öffentlichkeit für regionale und lokale Probleme schaffen. Auf diese Weise stärkten die Bürgermedien die demokratischen Strukturen einer Gesellschaft und erschafften eine Öffentlichkeit gegenüber dem Parlament.
Der Soziologe Imhof schreibt der Öffentlichkeit drei zentrale Funktionen zu. Erstens dürfe sie „kein Thema, keine Meinung und kein Akteur prinzipiell ausgeschlossen werden.“ Zweitens kontrolliere und legitimiere sie das Parlament. Und drittens schaffe die Öffentlichkeit ein Gemeinschaftsgefühl, weil sich die ansonsten anonymen Bürger durch Bürgermedien gegenseitig wahrnehmen könnten.
Bürgermedien schließen Lücken
Christian Stadiali, ehemaliger Programmdirektor eines Bürgerradios (Radio LoTTe), betonte in der anschließenden Diskussion die ergänzende Funktion von Bürgermedien bei regionalen und lokalen Nachrichten. Bürgermedien würden die Lücke schließen, die Zeitungen und Radiosender nicht füllen, sagte Stadiali. Er sehe in ihnen die Chance, „die Gesellschaft vor Ort zu Wort kommen zu lassen.“
Martin Dörmann, medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, hob hervor, dass Bürgermedien die Politik erst auf lokale Probleme aufmerksam machen. Sie seien ein zentrales „Beteiligungsmedium für politische Inhalte und Themen vor Ort “ und somit ein wichtiger Bestandteil der „demokratischen Willensbildung“. Oftmals würden lokale Themen nicht von den Massenmedien aufgegriffen, wodurch ein „Problem für die lokale Berichterstattung“ entstehe. Um diesem Problem zu begegnen, schlug Dörmann vor, regelmäßig in den Dritten Programmen verschiedene Bürgermedien vorzustellen und ihnen auf diese Weise zu mehr Popularität zu verhelfen.
„Jeder kann sich beteiligen“, betonte Birger Hartnuß von der Leitstelle Ehrenamt und Bürgerbeteiligung in der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz. Dies sei der Vorteil von Bürgermedien. Sie böten die Möglichkeit zu mehr Bürgerbeteiligung. Wolfgang Ressmann vom bvbam hingegen warnte davor, an Bürgermedien zu hohe Erwartungen zu stellen. Sie könnten nicht die Arbeit von ansässigen Zeitungen ersetzen, da ihnen die materielle wie auch personelle Ausstattung hierzu fehle.