Kultur

Was die Jugend bewegt

von Romy Hoffmann · 1. März 2012

Man wirft der heutigen Jugend vor, sie ziehe sich zurück und lege keinen Wert auf gesellschaftliches Engagement. Daneben beschäftigen sich junge Leute aber mit dem eigenen Glauben und demonstrieren für eine bessere Welt. Wie die Jugend wirklich tickt, darüber haben sich fünf Autoren Gedanken gemacht.

Glaubenssache

Die 16-jährige Muslimin Fatma glaubt an den Koran, betet fünfmal täglich und besucht regelmäßig die Moschee. Julia, 19 Jahre alt, glaubt weder an einen Gott, noch bekennt sie sich zu einer Religion. Und die 37-jährige Shelly ist Jüdin, auch wenn für sie hauptsächlich die kulturellen Traditionen und weniger der Glaube eine Rolle spielen. So unterschiedlich die einzelnen Menschen sind, so verschieden sind auch ihre Vorstellungen von Glaube und von Religion. Doch wie sehr sich die Menschen in ihren Überzeugungen auch unterscheiden, eines haben sie doch gemeinsam: Die Frage nach dem Glauben wird von jedem Einzelnen Menschen eigenständig beantwortet.

In „Woran glaube ich?“ sprechen 30 Persönlichkeiten, jung, alt, prominent, über ihre ganz eigenen Vorstellungen von Religion und die Bedeutung ihres individuellen Glaubens. Eindrucksvoll kommt das Buch zu dem Ergebnis, dass Glaube und Religiosität niemals pauschalisiert werden dürfen.

Martin Dreyer, Woran glaube ich? Granz persönliche Antworten zu Glaube und Religion, Verlag Beltz & Gelberg, Basel 2012, 235 Seiten, 17,95 Euro, ISBN: 978-3-407-75356-4

Verantwortungslose Generation

Wohlstand, Demokratie und Freiheit – in einer Welt des Überflusses und der Selbstverständlichkeiten zieht sich die Generation Facebook zusehends zurück. Was für sie zählt, ist ihre individuelle Freiheit, das Leben dreht sich nur noch um die nächste Party und die neueste Mode. Ihre sozialen Kontakte beschränken sich teilweise nur noch auf die sozialen Netzwerke Facebook und MySpace. Die Jugend hat gelernt, ihre individuellen Bedürfnisse und Probleme denen der Gesellschaft überzuordnen. Großen Ideen nacheifern oder sich in der Politik für Solidarität einsetzen? Dafür sind die anderen da.

Die Jugend sei kritikfaul und pragmatisch, was zählt seien allein die eigene Karriere und das private Leben, so die Autorin. Meredith Haaf kritisiert in ihrem Buch eindruckvoll ihre Generation mit all ihren Luxusproblemen und fordert sie dazu auf, endlich Verantwortung zu übernehmen – und zwar nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Gesellschaft.

Meredith Haaf, Heult doch - Über eine Generation und ihre Luxusprobleme, Piper Verlag, München 2011, 234 Seiten, 8,95 Euro, ISBN: 978-3-492-25951-4

„Die Angst vor dem Fall“

In unserer globalisierten Welt eröffnen sich der jungen Generation alle nur denkbaren Möglichkeiten der zukünftigen Lebensführung. Für welchen Beruf, welchen Arbeitsort oder welchen Lebenspartner sie sich entscheiden – das kann sich heute jeder selbst aussuchen. Doch diese grenzenlose Freiheit birgt auch Gefahren. Nina Pauer beschreibt eine Generation, die sich durch dauerhafte Verpassens- und Versagensangst auszeichnet. Sie wird geplagt von der festsitzenden Panik, sich nicht nur ihre berufliche, sondern auch die private Zukunft durch falsche Entscheidungen endgültig zu verspielen.

Nina Pauer, Wir haben keine Angst - Gruppentherapie einer Generation, Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2011, 198 Seiten, 13,95 Euro, ISBN: 978-3-10-060614-3

 

„Grüne Nerds“ – die Jugend rettet die Welt

Sie demonstrieren vor dem Atommüllendlager in Gorleben oder beim Klimagipfel in Kopenhagen: Junge, engagierte Menschen, die die Zerstörung der Umwelt nicht einfach hinnehmen, sondern aktiv dagegen vorgehen. Ihre Botschaft verbreiten sie vor allem über die Medien, die ihnen schier unbegrenzte Macht verleihen. Sei es über Facebook oder Twitter – mit dieser Art der Kommunikation erreichen sie eine ungeheuere Anzahl an Menschen. Es sind nicht die Parteien, die Veränderungen in der Politik bewirken, es ist die mediale Jugend, die das Potenzial hat etwas zu verändern, sagt Daniel Boese.

Er begleitete dieses junge Volk auf ihren Protestaktionen und stellt in seinem Buch die Aktivisten vor. Er berichtet über ihre Ideen, Aktionen und die Methode, mit der sie ihre Altersgenossen zum Mitmachen anregen. Imposant schildert Boese das Potenzial einer Generation und die Chance, die der mediale Aufruf mit sich bringt.

Daniel Boese, Wir sind jung und brauchen die Welt - Wie die Generation Facebook den Planeten rettet, Oekom Verlag, München 2011, 227 Seiten, 14,95 Euro, ISBN: 978-3-86581-252-0

Gesellschaft ohne Leitbilder?

Ist es möglich, in einer Gesellschaft zu leben, die sich weder an Idealen noch an Vorbildern orientiert? Vor allem die Jugend verliert in der Gesellschaft zusehends ihren Glauben an Ideale und betrachte die Welt nüchtern und realistisch, beklagt Julia Friedrichs.

Für sie verkörperte einst der damalige Bundeskanzler und SPD-Politiker Gerhard Schröder die Ideale der Gerechtigkeit und Solidarität. Nach der Phase der Euphorie kam die Ernüchterung und Friedrichs suchte ihr Idol in dem brasilianischen Fußballspieler Christiano Ronaldo. Doch auch die perfekte Fußballkunst entpuppte sich als Illusion.

Friedrichs verlor vollständig ihren Glauben an Ideale – bis heute. Geht aber mit dem verlust des Glaubens an große Ideen nicht unwiederbringlich etwas sehr wertvolles verloren? Wie können wir die Menschen wieder dazu ermuntern, sich an Leitbildern zu orientieren? Julia Friedrichs hat hierauf Antworten bei Menschen gesucht, die hartnäckig daran arbeiten ihre Ideale zu verwirklichen.

Julia Friedrichs, Ideale - Auf der Suche nach dem, was zählt, Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2011, 267 Seiten, 19,99 Euro, ISBN: 978-3-455-50187-2

Autor*in
Romy Hoffmann

Romy Hoffmann ist Studentin der Politikwissenschaft und Philosophie an der Universität Regensburg. Im Frühjahr 2012 absolvierte sie ein Praktikum in der Redaktion des vorwärts.

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