Kultur

Warum sich Jugendliche nicht in Parteien engagieren

Junge Menschen sind vieles – nur nicht parteipolitisch aktiv. Warum das so ist und wie es sich ändern lässt, darüber diskutierten am Donnerstag die Soziologin Stefanie Hanke und der „Falken“-Bundesvorsitzende Immanuel Benz am vorwärts-Stand auf der Frankfurter Buchmese.
von Kai Doering · 20. Oktober 2016
Stefanie Hanke und Immanuel Benz am vorwärts-Stand auf der Frankfurter Buchmesse
Stefanie Hanke und Immanuel Benz am vorwärts-Stand auf der Frankfurter Buchmesse

Man könnte meinen, über die Jugend sei alles gesagt. „Bei der Erforschung von Jugendlichen gibt es kaum noch weiße Flecken“, sagt auch Stefanie Hanke – „außer bei ihrem politischen Engagement“. Gemeinsam mit ihren Co-Autor Wolfgang Gaiser und Kerstin Ott hat Hanke politische Einstellungen und politisches Engagement junger Menschen untersucht. Ihre Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung ist unter dem Titel „jung – politisch – aktiv?!“ Im Dietz-Verlag erschienen. Am Donnerstag spricht Stefanie Hanke über die Ergebnisse am vorwärts-Stand auf der Frankfurter Buchmesse.

Nur drei Prozent der Jungen sind in Parteien aktiv

„Nur 16 Prozent der Jugendlichen in Deutschland können als politisch aktiv gelten“, berichtet Hanke aus ihrer Studie. Beim Engagement in politischen Parteien ist die Zahl noch deutlich kleiner. „Nur drei Prozent engagieren sich in Parteien. Für die meisten jungen Menschen ist das keine Option.“

Immanuel Benz kann das gut nachvollziehen. Zwar ist der Bundesvorsitzende der „Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken“ auch Mitglied der SPD, aber „die Selbstwirksamkeit ist als Jugendverband deutlich größer als die Ochsentour in der Partei“. Zwar seien Strukturen für Parteien wichtig, aber viele junge Menschen fragten sich: „Warum soll ich mir das antun?“ Dieses Dilemma aufzubrechen sei extrem schwierig. „Das geht nur über Glaubwürdigkeit und mehr Basisdemokratie“, ist Immanuel Benz überzeugt. Den Wert der Mitgliedschaft sollten sich die Parteien dabei unbedingt erhalten.

Bildung und Familie entscheiden über Engagement

Ein Jugendverband wie die „Falken“  habe es leichter, junge Menschen anzuziehen. „Wir sind vielseitiger als eine Partei“, erzählt Benz. „Wer zu uns kommt, macht das sehr bewusst.“ Unter den Mitgliedern der „Falken“ seien auch „frustrierte Jusos und gelangweilte Antifas“. Die meisten kämen über aktive Formate wie jährlichen Zeltlager und andere Freizeiten. Bei Benz selbst habe die „familiäre Sozialisation“ eine wichtige Rolle gespielt.

„Familien sind immer noch der wichtigste politische Sozialisationsfaktor“, hat auch Stefanie Hanke ermittelt. Eine weitere wichtige Rolle spielten Lehrer, „Peer-Groups“ dagegen nicht so sehr. „Jugendliche wünschen sich Wertschätzung für ihr Engagement. Wenn sie das nicht bekommen, wechseln sie auch ihren Freundeskreis“, hat Hanke beobachtet.

Eine große Rolle spiele auch der Bildungsstand. „Wer sich engagiert, hat meist ein hohes Bildungsniveau“, erklärt die Forscherin. „Viele Menschen engagieren sich nicht in einer Partei, weil sie schlicht nicht wissen, wie es geht.“ Da unterschieden sich Jugendliche auch nicht von Erwachsenen. „Jugendliche“, so Hanke, „sind immer auch ein Spiegel der jeweiligen Gesellschaft“.

Wolfgang Gaiser, Stefanie Hanke, Kerstin Ott (Hrsg.): jung – politisch – aktiv?! Dietz-Verlag, ISBN 978-3-8012-0491-4, 14,90 Euro zu bestellen u.a. in der vorwärts-Buchhandlung

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Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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