Kultur

Von teurem Strom und grüner Zukunft

von Anina Kühner · 7. September 2012

Dass Atomkraftwerke Risiken bergen, ist bekannt. Dass Atomstrom zudem weder billig noch unweltfreundlich ist, belegen die Autoren des Buches „Energiewende nach Fukushima“. Sie zeigen Wege in eine Zukunft der regenerativen Energien auf.

Nach der Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima ist in Deutschland der Widerstand gegen Atomkraftwerke massiv gewachsen. Der beschleunigte Umstieg auf erneuerbare Energien war eine zwangsläufige Konsequenz. Auch in anderen europäischen Staaten ist die Skepsis gegenüber der vermeintlich sicheren atomaren Energie größer geworden. So hat etwa Italien den geplanten Bau neuer Kraftwerke gestoppt.

Schattensubvention für die Atomindustrie

In ihrem Buch „Energiewende nach Fukushima“  weisen Peter Hennicke und Paul Welfens jedoch darauf hin, dass ein derartiges Umdenken nicht in ganz Europa eingesetzt hat. Polen und Frankreich setzen weiterhin verstärkt auf Atomkraft. Mit welchem Argument? Atomstrom sei billig und emissionsarm. Ein Irrtum, der zu schlimmen Konsequenzen führen könne, wie Hennicke und Welfens betonen.

Die Autoren analysieren den einzigartigen Sonderstatus die Atomindustrie. Kein Kernkraftwerk in Europa sei gegen einen GAU versichert, beklagen die Autoren. Die Betreiber müssten keine entsprechenden Versicherungsbeiträge zahlen. So halte man den Atomstrom künstlich billig. Würde pro Kilowattstunde das finanzielle Risiko eines atomaren Unfalls mitberechnet, wäre Atomstrom schon heute teurer als Windenergie. Diese „Schattensubvention“, wie die Autoren sie nennen, verzerre den Wettbewerb. Der Steuerzahler trage die Kosten und das Risiko.

Der künstlich billig gehaltene Atmostrom befördere zudem den Energieverbrauch anderer Industriezweige. So sei auch das Argument der „umweltfreundlichen“ Atomkraft widerlegt. Zumal die Frage der Atommüllendlagerung immer noch ungeklärt bleibt. „Man kann also zusammenfassen: Atomare Energie ist ein massiver Verstoß gegen die Vernunft und den Grundsatz der Generationengerechtigkeit“, stellen die Autoren fest.

Globaler Umstieg auf „grüne“ Energie

Dass der Weg in eine Zukunft der umweltfreundlichen Energien nicht national, sondern nur global gelingen kann, ist für Hennicke und Welfens klar. Gerade in den sonnigen Ländern Südeuropas und vor den Küsten sei das Potenzial für erneuerbare Energien riesig. An dieser Stelle von Deutschland aus Hilfe zu leisten, sei langfristig sinnvoll: Gerade die von der Euro-Krise betroffenen Staaten könnten von einem „grünen“ Wirtschaftsboom profitieren.

Deutschland nehme bei der Energiewende eine Vorbildfunktion ein, betonen die Autoren. Daher sei es wichtig, den Atomausstieg sorgfältig zu organisieren. Die verstärkte Einführung dezentraler Energiequellen und ein massiver Netzausbau seien notwendig. Dass gerade die Kommunen hier viel bewirken können, zeige sich am Beispiel der „Energieallianz Bayern“: Hier betreiben knapp zwei Dutzend bayerischer Stadtwerke Windparks in der Oberpfalz.

Auch in Großstädten liege ein beträchtliches Potenzial für die „grüne Revolution“, schreiben die Autoren. Durch Wärmedämmung an Gebäuden, sparsame Beleuchtungssysteme und Elektromobilität könne eine umweltfreundliche Zukunft garantiert werden.

Hennickes und Welfens Buch eröffnet einen neuen Blick auf die Schattenseiten der Atomkraft. Zugleich macht Mut für die Zukunft. Klimaschutz und regenerative Energien sind mehr als nur wirtschaftliche Faktoren. Sie bieten auch eine einzigartige Chance zur Verbesserung internationaler Beziehungen: Wenn Deutschland das Know-How für regenerative Technik in europäische Partnerländer exportiert, wird es langfristig von Stromimporten profitieren. Es entsteht eine Win-Win-Situation.

Peter Hennicke, Paul J.J. Welfens: Energiewende nach Fukushima. Deutscher Sonderweg oder weltweites Vorbild, Oekom Verlag, München 2012, 284 Seiten, 29,95 Euro, ISBN 978-3-86581-318-3

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Anina Kühner

studiert Germanistik und Buchwissenschaften in Mainz. Im Sommer 2012 absolvierte sie ein Praktikum beim vorwärts.

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