Kultur

Von leseliedern, klangkörpern und liederbildern

von Die Redaktion · 13. Oktober 2006
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"Dass Österreicher mit ihren Werken für Aufsehen sorgen, ist nichts Neues", sagte der Botschafter der Alpenrepublik, Dr. Christian Prosl, bei der Eröffnung der Ausstellung. Somit passe Rühm in die Riege berühmter österreichischer Künstler. "Und was ihn noch auszeichnet: er ist Perfektionist. Ein wahrer Österreicher!", so der Botschafter.

Rühm ist ein Grenzüberschreiter in den Künsten. Er ist Komponist und Pianist, Schriftsteller und Vortragskünstler, Zeichner und Collagist. Seine vielseitige Begabung nutzt der Künstler, um verschiedene künstlerische Ausdrucksmittel und Ausdrucksformen kreativ zu verknüpfen. Ausgangspunkt für seine Arbeiten ist das Wort, und zwar sowohl das Wort als abstrakter Begriff als auch das Wort als akustische Realität.

Die "visuelle musik" umfasst drei Gruppen von Werken: Musikzeichnungen, Musikcollagen und vermischte Arbeiten. Dahinter verbergen sich zum Beispiel "leselieder" - Zeichnungen und Poesie auf Notenlinien, "klangkörper" - Collagen aus Notenpapier auf Notenpapier - oder "liederbilder" - eine Komposition aus Partikeln der klassischen Gesangsliteratur und Fotos aus modernen Zeitungen.

Der Künstler selbst beschreibt die "visuelle Musik" als eine "spezielle Spielart der bildenden Kunst". Sie solle "mit den Augen wahrgenommen werden und nur im 'inneren Ohr', synoptisch, vage akustische Vorstellungen wecken".

Auf die Wirkung von Rühms Werken ging auch die frühere Kulturstaatssekretärin Kristina Weiss ein. Sie empfahl den Besuchern der Ausstellung: "Schauen Sie ein bisschen genauer hin - auf die Blätter in dem eigenen Kopf."

Einen kleinen Einblick in seine vielseitige Begabung bot der Künstler bei der Eröffnung der Ausstellung. Gemeinsam mit seiner rheinländischen Frau Monika Lichtenberg rezitierte er Simultangedichte nach Zeitungsmeldungen und präsentierte geistreiche Wortspiele, teils ernsthaft, teils humoristisch. Den Abschluss bildete ein "Schimpfduett Wienerisch - Kölsch", bei dem die Schimpfwörter zu Kosenamen mutierten.

Jürgen Dierkes



Gerhard Rühm: Gesammelte Werke

Herausgegeben von Michael Fisch

Band 2.2: visuelle musik

Herausgegeben von Monika Lichtenfeld

Parthas, Berlin 2006, 736 Seiten, 58 Euro, ISBN 978-3-936324-51-4





Über den Autor:


Gerhard Rühm, geboren 1930 in Wien, lebte von 1964 bis 1977 in West-Berlin und seitdem in Köln. Von 1972 bis 1995 hatte er eine Professur für freie Grafik an der Staatlichen Kunsthochschule in Hamburg inne. Sein bildnerisches Werk wurde wiederholt in Retrospektiven geezigt, unter anderem im Rupertinum Salzburg 1987, im Kunstverein Frankfurt am Main 1989, in der Kunsthalle Hamburg 1995, beim Steirischer Herbst 2001 und zuletzt im Fridericianum Kassel 2006. Die "visuelle musik" wird bis zum 22. Oktober im Willy-Brandt-Haus Berlin zu sehen sein.

Rühm ist unter anderem Träger des Karl-Szuka-Preises 1977 und des Hörspiels der Kriegsblinden 1983. Außerdem erhielt er 1991 die Ehrenmedaille in Gold der Stadt Wien und den Großen Staatspreis für Literatur der Republik Österreich. Seit 2005 erscheinen seine auf zehn Bände projektierten "Gesammelten Werke", herausgegeben von Michael Fisch, im Berliner Parthas Verlag.

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