Kultur

Von Familienbiographien und dem Elend des Journalismus

von Die Redaktion · 5. Oktober 2006
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Gleich zu Beginn stellte Gerhard Kromschröder sein neues Buch "Ach der Journalismus. Glanz und Elend eines Berufsstandes" vor. Die Moderation hatte der vorwärts-Chefredakteur Uwe-Karsten Heye übernommen. Im Buch schildert der Autor autobiographisch seine Stationen als Journalist: als Lokalredakteur im schwarzen Emsland, seine Zeit bei "Stern" und später als Kriegskorrespondent im ersten Golfkrieg.

"Die Verschwulung der Welt. Rede gegen Rede. Beirut - Berlin", lautet der Titel des zweiten Buchs, das am vorwärts-Stand besprochen wurde. Der Autor Joachim Helfer schilderte eindrucksvoll die Genese des Buchs, das er zusammen mit seinem Kollegen Rachid al Daif geschrieben hat. Die "Rede" besteht dabei aus einer schonungslosen Analyse Helfers durch den Libanesen al Daif. Die "Gegenrede" ist die Sicht des westlichen Autors. Thema ist auch die Akzeptanz von Homosexualität in der westlichen Welt und seine Unterdrückung in islamischen Ländern. Das Buch legt so anhand dieser und anderer gesellschaftlicher Probleme die Gräben zwischen Orient und Okzident frei, hilft aber durch seine offene Diskussion auch zu einer Überbrückung der Gegensätze beizutragen.

Hanna Papanek las aus ihrer beachtenswerten Familienbiographie "Elly und Alexander. Revolution, rotes Berlin, Flucht, Exil - eine sozialistische Familiengeschichte". Dabei wurde deutlich, dass es sich nicht nur um eine klassische Biographie handelt. Das Buch ist viel mehr: Die Geschichte der Sozialdemokratie und Europas in deren schwerster Stunde. Beeindruckend ist vor allem der Mut und der Zusammenhalt, der die Familie - seit 1933 in halb Europa auf der Flucht vor den Nationalsozialisten - zusammengehalten hat, bis endlich 1940 der sichere Hafen USA erreicht wurde.

Auch die letzte Vorstellung des Tages übernahm vorwärts-Chefredakteur Uwe-Karsten Heye. Zwischen ihm und dem Autoren Friedrich Christian Delius, der gerade seine Erzählung "Bildnis der Muter als junge Frau" veröffentlicht hat, entspann sich eine muntere Diskussion, ob es derzeit à la mode sei, Familienbiographien zu schreiben. Denn neben Autorinnen und Autoren wie Wiebke Bruhns hatte auch Heye vor einiger Zeit, eine Familienbiographie veröffentlicht. Überraschend ist der Ansatz des Autors: Er schildert in seinem Buch sämtliche tatsächlichen und fiktiven Erinnerungen seiner Mutter in nur einem Satz.

Fréderic Verrycken

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