Kultur

Von aristokratischer Gesinnung und sozialer Verantwortung

von Dagmar Günther · 6. März 2007

Marion Gräfin Dönhoff war eine prominente Journalistin. In ihren Analysen versuchte sie hinter die Dinge zu schauen. Sie baute sich deshalb ein Netz von Kontakten zu Menschen in aller Welt auf. Vorzugsweise waren das Persönlichkeiten aus Politik und Kultur, mit denen es sich zu streiten lohnte, weil diese ihre jeweils ganz eigene (keineswegs immer von der Dönhoff geteilte) Sicht auf die Welt hatten. Stellvertretend für viele berichten hier u.a. Helmut Schmidt, Henry Kissinger, Hildegard Hamm-Brücher, Mieczyslaw Rakowsky, Neville Alexander von ihren Begegnungen mit der "Gräfin".

War von der "Gräfin" die Rede, so hatte das in ihrem Umfeld offensichtlich einen ihre Leistung anerkennenden Beiklang. Ihr Name konnte weniger bekannten Kollegen Türen öffnen, die ihnen sonst verschlossen blieben. Und sie nutzte dies, um zu helfen, wo sie Talent und Interesse erkannte, wie mehrfach geschildert wird.

Den politischen Geist der "Zeit" hat sie als Redakteurin und in ihren letzten Jahren auch als Herausgeberin wesentlich geprägt. Sie war auch Kuratorin der von Gerd Buccerius gegründeten Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Buccerius. So ist es nur gerecht, dass Dieter Buhl, selbst mehr als 30 Jahre politischer Redakteur der renommierten Wochenzeitung, jetzt zusammen mit der Zeit-Stiftung einen Berichtsband über sie herausbringt.

Deutsche Geschichte vom Widerstand gegen Hitler 1944 bis heute wird hier lebendig. Politische Wege für die Zukunft werden am Beispiel der Dönhoffschen Gedanken diskutiert. Von preußischen, nicht revanchistisch beeinträchtigten Tugenden ist die Rede und vom Wunsch der Dönhoff, den Kapitalismus zu zähmen, aber auch von ihren Vorbehalten gegenüber Revolutionen jedweder Art. Soziale Verantwortung war ihr Credo. Marion Gräfin Dönhoff starb 2002 im Alter von zweiundneunzig Jahren.

Dorle Gelbhaar

"Marion Gräfin Dönhoff. Wie Freunde und Weggefährten sie erlebten", herausgegeben von Dieter Buhl und der Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 2007, 368 Seiten, 25 Euro, ISBN (10) 3-455-50011-0; ISBN (13) 978-3-455-50011-0

Autor*in
Dagmar Günther

war bis Juni 2022 Chefin vom Dienst des vorwärts.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare