Wir erleben eine Neuordnung der Medien. Nur wenig ist von den traditionellen Strukturen übrig geblieben. Die neue Bundesregierung muss die neue Medienwelt gerecht gestalten – für Nutzer wie für Produzenten.
Es gibt viel zu tun für das künftige Kabinett: Eine neue Bundesregierung muss sich der Stärkung des Urheberrechts verschreiben und gleichzeitig neue Geschäftsmodelle attraktiv ausgestalten und rechtlich absichern. Printmedien und klassisches Fernsehen treten bei der Verbreitung von Werken in den Hintergrund. Digitale Formate und das Internet als Verbreitungsform etablieren sich. Wir müssen die Urheber umfassend schützen und dafür auch bestehende Schutzsysteme stärken. Dies kann einhergehen mit dem Abbau bisheriger nicht zielgerichteter Rechtsdurchsetzung. Aufgrund der Digitalisierung sind kulturelle Werke immer, überall und für unzählige Menschen gleichzeitig greifbar – dies erhöht das Schutzbedürfnis für den Urheber selbst.
Diese Flexibilität darf zu der Erwartung führen, dass kulturelle Werke jederzeit verfügbar sind. Sie darf aber nicht zu der Erwartung führen, dass sie jederzeit und gratis verfügbar sind. Kreative müssen über die Verbreitung ihrer Werke entscheiden und von ihrer künstlerischen Arbeit leben können. Um dies gewährleisten zu können, müssen wir das Urheberrecht reformieren. Das bedeutet auch, Plattformen, die ausschließlich dazu dienen Urheberrechte massenweise zu verletzten, rechtsstaatlich zu begegnen und ihnen – wo möglich – Werbeeinnahmen zu entziehen.
Vielseitige Angebote, klarer Regelungen
Internet und traditionelles Fernsehen bieten diverse Angebote aus Streaming, klassischem TV-Programm und Mediatheken. Die Angebote überschneiden und ergänzen sich. Die Palette wird breiter, individueller und verzahnter. Trotzdem: Die Regelungssysteme müssen klar sein, um gerechte Wettbewerbschancen und eine ausgeglichene Medienordnung zu sichern. Wir stehen vor einer komplexen Diskussion, aber sie lohnt sich, um die Vielseitigkeit der Medienlandschaft zu bewahren.
Das Kompetenzgefüge zwischen Bund und Ländern muss neu geordnet werden. Viele Rechtsbereiche sind unabhängig voneinander geregelt. Bund und Länder handeln oft nebeneinander und leider zum Teil unabgestimmt. So sehen wir beispielsweise, dass in den Zeiten der Internationalisierung und des Internets das Wechselverhältnis von Medienkonzentration und Kartellrecht nicht mehr zeitgemäß und erst recht nicht wettbewerbsfähig ausgestaltet ist.
Neuordnung des Bund-Länder-Verhältnisses
Eine Bund-Länder-Kommission muss nach den Vorberatungen der Länder die Diskussion über eine neue Medienordnung in Deutschland vorantreiben. Dazu gehören neue Governance-Modelle, die Klärung von rechtsstaatlichen Schnittstellen zwischen Bundesgesetzen und Staatsverträgen sowie grundsätzliche Fragen der Schnittstellen zwischen Rundfunk- und Telekommunikationsregulierung.
Eine neue Medienordnung bringt riesige Chancen für Gesellschaft, Wirtschaft und Arbeit. Sie muss eine klare sozialdemokratische Prägung haben. Dies ist für die Ausgestaltung der digitalen Welt aber auch für die gesamte Medienwelt von großer Bedeutung. Die SPD hat im Entwurf des Koalitionsvertrags deutliche Forderungen an eine zukünftige Bundesregierung gestellt. Mit dieser Digitalstrategie kann sich Deutschland gut aufstellen, um unter gerechten Voraussetzungen für alle Beteiligten im digitalen Zeitalter international mitzuspielen.
Björn Böhning war von Juni 2004 bis November 2007 Bundesvorsitzender der Jusos in der SPD. Von Februar 2008 bis November 2011 war er Sprecher der SPD-Linken (Forum Demokratische Linke 21). Seit Dezember 2011 ist er Chef der Berliner Senatskanzlei.