Kultur

Verpasste Chancen? Verhinderte Katastrophen?

von Vera Rosigkeit · 10. Mai 2007

Von Benjamin Obermüller

Der Staatsmann..

Walter Mühlhausen, stellvertretender Geschäftsführer der Stiftung Reichspräsident Friedrich-Ebert-Gedenkstätte in Heidelberg, hat nun auf über 1000 Druckseiten den Staatsmann Friedrich Ebert gründlichst untersucht. Er konzentriert sich auf den Staatsmann Ebert. Das ist gleichsam der rote Faden der Arbeit. Über den Privatmann Ebert erfährt man ebenso wenig wie über dessen Funktionen innerhalb der SPD. Seine Leistungen als einer der wenigen bedingungslosen Fürsprecher der Weimarer Demokratie stehen immer im Vordergrund. Damit ist auch der zeitliche Rahmen ziemlich genau abgesteckt: Von der Übernahme des Amtes im November 1918 bis zu Eberts Tod im Frühjahr 1925. Besondere Aufmerksamkeit schenkt Mühlhausen Amt und Apparat des Reichspräsidenten sowie der Wehr- und Außenpolitik Eberts.

...seine Leistungen..

Was waren nun die politischen Leistungen des ersten Reichspräsidenten? Das größte Verdienst lag sicherlich in der Partei übergreifenden Arbeit Eberts, die ein ums andere Mal zu Verärgerungen innerhalb seiner eigenen Partei führte. Ebert war gerade bei den häufig wechselnden Koalitionen ein erfolgreicher Vermittler, der dafür sorgte, dass die Regierungen schnell ihre Arbeit aufnehmen konnten.

..und sein Scheitern

Mühlhausen kann deutlich herausarbeiten, dass auch so manch kritische Entscheidung Eberts, neben der Ernennung Wilhelm Cunos zum Reichskanzler vor allem die Anwendung des Notstandsparagraphen 48 der Weimarer Verfassung, nicht seinem Machthunger als Reichspräsident entsprang - gleichwohl er bestrebt war die Zuständigkeiten und Einflussmöglichkeiten des Amtes zu vergrößern - sondern Teil seines Stabilisierungskurses der Weimarer Demokratie war. Der gelang ihm während seiner Amtszeit größtenteils. Weniger erfolgreich war er jedoch dabei, diese Überzeugungen Milieu übergreifend nach Außen zu tragen und Mehrheiten für die Demokratie zu gewinnen. Eberts Integrationswillen, d.h. seine Mission der Einigung verschiedener politischer Bevölkerungsgruppen, scheiterte.

Walter Mühlhausen hat eine monumentale und trotz dieses Umfangs spannend und flüssig zu lesende Darstellung eines der wichtigsten Sozialdemokraten des 20. Jahrhunderts vorgelegt. Die Vielzahl der ausgewerteten Quellen, die Auswahl der Themen, der methodische Ansatz sowie das wissenschaftlich abgeklärte Urteil führen zu einer sehr gelungenen Arbeit. Über Jahre hinaus wird dieses Werk für die Ebert-Forschung maßgebend sein.

Walter Mühlhausen: Friedrich Ebert 1871-1925. Reichspräsident der Weimarer Republik, Bonn J.H.W. Dietz Nachf. 2006, 1064 Seiten.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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