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Von je her dienten Stereotype dazu, das unbekannte "Andere" vereinfacht darzustellen. Auf diese Weise wurde es greifbar gemacht. Die Angst vor dem Fremden konnte bewältigt werden. Nicht selten jedoch bieten diese Vorstellungen den Nährboden für menschenverachtende Ideologien. Die Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin konzentriert sich auf gängige Klischees und Bilder, die längst gesellschaftsfähig geworden sind oder sich hartnäckig über die Zeit hinweg gehalten haben. Sie geht der Frage nach, wie derartige Zuschreibungen entstehen und funktionieren - beginnend mit dem 19. Jahrhundert.

Gezeigt werden Gegenstände, Fotografien und audiovisuelle Installationen, die sich mit der stereotypen Darstellung von Menschen beschäftigen. Ebenso sind klischeebesetzte Objekte aus dem Bereich der Trivialkunst, wie zum Beispiel kleine Nippesfiguren von Schwarzen aus der Kolonialzeit oder folkloristische Puppen made in China zu bewundern.

Spiel und Ernst

Die Präsentation der Ausstellungsobjekte bewegt sich zwischen Spiel und Ernst. Neben Objekten, deren eindeutige antisemitische Botschaft nicht missverstanden werden kann, findet sich beispielsweise eine Barbiepuppe mit jüdischen Gebetsriemen. Auf solche Weise wird manches Vorurteil ad absurdum geführt.

Mithin sogar provokant ist die Verunglimpfung des Stereotyps der "jüdischen Nase". Der amerikanische Künstler Dennis Kardon hat dieses Klischee beim Wort genommen und einige Nasenabdrücke von jüdischen Prominenten in seinem Werk "Jewish Noses" zusammengestellt. In der Schau ragen nun viele dieser Nasen - vergrößert- aus der Wand. Dieses antisemitische Vorurteil begegnet dem Besucher später beim Anblick eines nationalsozialistischen Schulbuches wieder. In "Der Giftpilz", 1938 vom Stürmer-Verlag herausgegeben, gilt die Nasenform als Indiz für die Minderwertigkeit der Juden.

Auch die ausgestellten Spazierstöcke aus dem 19. Jahrhundert greifen dieses Motiv auf. Wobei hier jedoch nicht jeder Stock mit einer Langnase als Knauf auf die Verspottung von Juden Bezug nimmt.

Nachdenken und Verstehen

Mit der Ausstellung wird versucht, die Besucher zum genauen Hinschauen zu veranlassen. Der Betrachter soll sich rassistischer und antisemitischer Vorurteile und Stereotype bewusst werden und mit ihnen ins Gericht gehen. Das eigene Denken über das Andere und Fremde steht hier zur Debatte und wird kritisch hinterfragt. Interessant und Empfehlenswert!

Die Ausstellung "typisch! Klischees von Juden und Anderen" entstand in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Wien. Sie ist noch bis zum 3.August 2008 im Jüdischen Museum Berlin, Lindenstraße 9-14, zu sehen. Begleitend zur Ausstellung erschien ein Katalog, der für 24,90 Euro käuflich zu erwerben ist. Weitere Informationen gibt es im Internet: www.jmberlin.de/typisch

EddaNeumann

Autor*in
Dagmar Günther

war bis Juni 2022 Chefin vom Dienst des vorwärts.

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