Butz Peters stützt sich in seinem sehr umfangreichen Buch überwiegend auf Unterlagen des Bundeskriminalamtes, der Bundesanwaltschaft und natürlich auf die Schilderungen von Opfern und Tätern.
Diese Fülle an Informationen und Tatsachen verarbeitet er zu einer äußerst detaillierten Dokumentation der RAF Geschichte. Darüber hinaus versucht Peters nicht nur bei den Tatbeständen zu bleiben,
sondern liefert so zu sagen im Vorfeld eine kurze Biographie der Täter und ihres Umfeldes.
Der Autor ist Jurist und Journalist, zeitweilig moderierte er die Fernsehsendung "Aktenzeichen XY ungelöst" und gelangte damit zur allgemeinen Bekanntheit. Bereits 1991 beschäftigte sich
Peters in seinem Buch "Terrorismus in Deutschland" mit der RAF. "Tödlicher Irrtum" ist nun eine mit Fakten erweiterte und überarbeitete Fassung.
Die drei Generationen
Peters rekonstruiert die Geschichte der drei RAF-Generationen, so wie er es dem Leser in seinem Vorwort verspricht: angefangen bei den Brandanschlägen in einem Frankfurter Nobelkaufhaus noch
vor der Gründung der RAF bis zum Tod von Horst Ludwig Meyer in Wien 1999.
Im Jahr 1970 rekrutierte sich aus dem Umfeld der Studentenbewegung und der linken Szene eine kleine Gruppe, die sich dem Kampf gegen den Staat verpflichtete. Zur so genannten ersten
Generation gehörten Andreas Baader, Gudrun Enslin und Ulrike Meinhof. Nach der erfolgreichen Befreiung Baaders aus dem Justizgewahrsam 1970, u.a. mit Hilfe der Journalistin Meinhof, flogen die
RAF-Gründer über Ostdeutschland nach Syrien, um an einer militärischen Grundausbildung teilzunehmen. Ungefähr zwei Jahre später begann eine Anschlagserie auf Einrichtungen der US-Streitkräfte, bei
denen mehrere Menschen getötet wurden. Kurz darauf wurden alle Gründungsmitglieder festgenommen.
Die zweite Generation führte das Werk ihrer Vorbilder rücksichtslos weiter. Die Entführung und Ermordung von Hanns-Martin Schleyer sowie die Flugzeugentführung der "Landshut" und andere
"Aktionen" im Jahr 1977 gingen als "Deutscher Herbst" in die Geschichte ein. Mitunter gelang es einigen RAF-Mitgliedern mit Hilfe der Staatssicherheit in der DDR unterzutauchen und dort bis 1989
unbehelligt zu leben.
Auf das Konto der dritten Generation gehen zahlreiche Anschläge auf Manager, Spitzenbeamte und repräsentative Gebäude. Insgesamt 10 Menschen werden in dieser letzten Phase von der RAF
getötet. Bis heute ist der größte Teil dieser Verbrechen noch nicht aufgeklärt. Die beteiligten Personen sind unbekannt.
Was am Ende bleibt
Eingangs stellte Peters die Frage, ob denn die RAF von Anfang an ein tödlicher Irrtum gewesen sei. Am Ende des Buches bleiben dreizehn Rätsel überwiegend bezogen auf die dritte Generation. Es
lässt sich kein endgültiges Fazit aus den gesammelten Fakten oder generell zum Phänomen RAF ziehen, das fast dreißig Jahre lang überall präsent war.
Der Autor gibt jedoch wichtige Hintergrundinformationen. Er hinterfragt das ideologische Ansinnen der RAF. Der lakonische Erzählton an vielen Stellen des Buches erscheint hierbei allerdings
fehl am Platz und wird in Anbetracht der Aktualität dem Themas nicht gerecht. Davon abgesehen ist das Buch lesenswert und als Einstieg in das vielleicht schwärzeste Kapitel der Nachkriegszeit
empfehlenswert.
Edda Neumann
Butz Peters: Tödlicher Irrtum. Geschichte der RAF, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/ Main 2007, 863 Seiten, ISBN 978-3596172658, 12,95 Euro
0
Kommentare
Noch keine Kommentare