Die SPD wendet sich noch stärker der Filmbranche zu. Vor einigen Wochen hat sie den „Gesprächskreis Film“ ins Leben gerufen. Dessen Vorsitzende Angelika Krüger-Leißner spricht im vorwärts.de-Interview über Sinn und Zweck des Gremiums, die Tücken des Urheberrechts und die Bedeutung von Künstlern für die Sozialdemokratie.
vorwärts.de: Welchen Film haben Sie zuletzt im Kino gesehen?
Angelika Krüger-Leißner: Ich sehe sehr viele Filme – weil ich gerne ins Kino gehe, aber natürlich auch in meiner Funktion als filmpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion. Besonders beeindruckt hat mir zuletzt der Dokumentarfilm „Painting“ über Gerhard Richter. Die Regisseurin Corinna Belz hat es unglaublich einfühlsam geschafft, einen Künstler bei seinem Schaffensprozess zu begleiten. So etwas habe ich in solch einer Intensität vorher nicht gesehen. Nicht umsonst ist er ja auch gerade mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet worden.
Seit wenigen Wochen sind Sie Vorsitzende des neu gegründeten Gesprächskreises Film bei der SPD-Medienkommission. Welche Aufgabe hat das Gremium?
Der Film gehört zur kulturellen Vielfalt in Deutschland genauso wie die bildende Kunst und die Musik. Er ist ein sehr intensives Medium für die Identitätsbildung in einer GesellschaftDas gilt auch mit Blick auf die Herausbildung einer europäischen Identität. Kinos sind als kulturelle und soziale Einrichtungen ungemein wichtig. Hinzu kommt, dass sich die Filmbranche auch zu einem wichtigen wirtschaftlichen Faktor entwickelt hat. Im Gesprächskreis nehmen wir uns dieser Themen an – und zwar mit den Betroffenen selbst. Wir diskutieren mit Produzenten, Filmverleihern, Kinobetreibern, Schauspielern und anderen, was die Menschen in der Filmbranche bewegt und speisen dies in die Arbeit der SPD ein. Wir sind eine Art Think Tank für Filmfragen.
Was war der Hintergrund, einen solchen Gesprächskreis zu gründen?
Ich vertrete die SPD schon seit vielen Jahren in verschiedenen Gremien, in denen es um Filmangelegenheiten geht. Dabei bin ich immer wieder von Vertretern der Filmbranche angesprochen worden, dass sie es wichtig fänden, dass die SPD ein eigenes Gremium einrichtet, das sich mit ihren Belangen beschäftigt. Das haben wir jetzt getan.
Was sind die Hauptprobleme in der Filmbranche?
Die größte Herausforderung ist sicher die Digitalisierung. Das zieht sich durch den gesamten Filmbereich. Angefangen von der Filmproduktion über den Verleih und die Verwertung bis hin zum Filmerbe. Hier müssen die alten Filme nach und nach digitalisiert werden, damit sie in den digitalisierten Kinos überhaupt noch gezeigt werden können. Bei der Kinodigitalisierung sind Förderprogramme auf den Weg gebracht, damit gerade die kleineren Kinostandorte in der Fläche erhalten bleiben können. Aber das ist noch nicht abgeschlossen und der technische Fortschritt wird schon bald wieder neue Investitionen nötig machen. Hier müssen wir weiter dran bleiben. Ganz wichtig bei der Digitalisierung ist natürlich die Frage, wie wir es schaffen, das geistige Eigentum der Urheber und Rechteinhaber auch im Internet zu schützen. Ein weiterer Aspekt ist die Novellierung der Filmförderung. Auch hier wollen wir Reformvorschläge erarbeiten. Für die Filmschaffenden wie Schauspieler und Kameraleute spielt noch ein ganz anderes Thema eine existenzielle Rolle: Sie haben oft kurz befristete Beschäftigungsverhältnisse, die ständig unterbrochen werden. Sie zahlen durch die derzeitige gesetzliche Regelung ganz normal Sozialversicherungsbeiträge wenn sie beschäftigt sind, erhalten aber in den Phasen zwischen ihren Engagements kein Arbeitslosengeld. Da setzen sie auf die SPD, dass wir spätestens nach der Bundestagswahl etwas ändern. Sie sehen, es gibt für den Gesprächskreis eine Menge zu tun.
Zurzeit tobt eine heftige Diskussion über Sinn und Zweck des Urheberrechts. Wird auch dessen Reformierung ein Thema im Gesprächskreis sein?
Ja, ganz sicher. Filmpiraterie ist schon seit längerer Zeit ein großes Problem. Das derzeitige Urheberrecht schützt die Filmbranche nicht ausreichend vor illegalen Kopien. Es passiert immer wieder, dass ein Film seine Premiere feiert und zur selben Zeit bereits illegal im Internet heruntergeladen werden kann. Das darf nicht sein, denn ein Film stellt ja nicht nur einen großen ideellen, sondern auch einen beträchtlichen materiellen Wert dar. Der Druck vonseiten der Urheber und Verwerter ist zu Recht immens und die SPD wird sich dazu auch in ihrem Wahlprogramm positionieren müssen.
Die SPD war immer die Partei der Künstler. Wird sie ihrer Aufgabe noch gerecht?
Ja, auf jeden Fall. Seit vielen Jahren gibt es das Kulturforum der SPD, das mit einer großen Vielzahl von Veranstaltungen den direkten Austausch mit den Kulturschaffenden pflegt.Wir haben die Medienkommission ins Leben gerufen, den Gesprächskreis Netzpolitik gegründet und jetzt den Gesprächskreis Film eingerichtet. Mit unserer Arbeit, die auch nach außen strahlen wird, wird noch sichtbarer werden, dass die SPD für die kulturelle Vielfalt eintritt und fest an der Seite der Künstler steht.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.