Kultur

Spionage unter Freunden

von Eric Gutglück · 14. August 2014
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Globale Überwachung versus Meinungsfreiheit - Peter Schaar setzt sich in seinem neuen Buch „Überwachung total“ mit der Datensicherheit in Zeiten der NSA-Affäre auseinander und beschreibt das Ausmaß der Überwachung durch die Geheimdienste. 

Peter Schaar engagiert sich seit über 25 Jahren für die Sicherheit von Daten und war von 2003 bis 2013 Bundesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit. Er zeichnet in seinem Buch ein Bild der engen Zusammenarbeit von Unternehmen und Geheimdiensten bei der Datenspionage. Wie in einem klassischen James-Bond-Film würden demnach mittels modernster Software Telefonate abgehört, mobile Endgeräte ausgespäht, Computer und Laptops mit Trojanern zur geheimen Datengewinnung infiziert. Zudem würden Facebook-Profile und Twitter-Accounts gehackt und millionenfach überwacht. Der Autor veranschaulicht dem Laien die scheinbar unbegrenzten technischen Möglichkeiten der Spionage im Dschungel der modernen Kommunikationstechnik.

Do-it-yourself-Datenschutz

Gerade in den sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter geben die User private Informationen von sich preis. Daher seien besonders diese Plattformen bei den Behörden ein begehrtes Ziel zur Datenerhebung. Schaar beschreibt in zehn Schritten, wie ein jeder selbst seine persönlichen Daten vor dem Missbrauch schützen kann. Eine hundertprozentige Sicherheit sei dennoch nicht gewährleistet. Schaar fordert deshalb ausdrücklich globale und verbindliche völkerrechtliche Regelungen zur Datenüberwachung. Er spricht sich dafür aus, Edward Snowden Asyl zu gewähren, um ein Exempel gegen Spionage zu statuieren und die Grund- und Menschenrechte wie Meinungsfreiheit und informationelle Selbstbestimmung zu festigen.

Für den Autor spielen die Anschläge vom 11. September 2001 eine wichtige Rolle. Danach begannen die NSA und der britische Geheimdienst GCHQ ein gemeinsames Netzwerk aufzubauen, um nach Generalverdacht Daten über das individuelle Verhalten von Personen zu sammeln und so umfassende Persönlichkeitsprofile zu erstellen. Auch der BND habe der NSA von 2007 bis Juni 2013 rund 500 Millionen Metadaten pro Monat zukommen lassen. Die Kooperation der Geheimdienste ermögliche es, nationale (Datenschutz)gesetze zu umgehen.

Mehr Mobiltelefone, als Einwohner

Immer wieder taucht die Metapher von der Suche nach der Nadel im Heuhaufen auf. Durch den technischen Fortschritt und den immer höheren Datenverkehr müssten die Behörden unvorstellbare Datenmengen analysieren, um die vergleichsweise geringe Anzahl an Verdächtigen präventiv erkennen zu können. Die Geheimdienste rechtfertigten es daher, dass bei der Terrorbekämpfung die individuelle Privatsphäre zu Gunsten der kollektiven Sicherheit verletzt werde.

Zwar zeige sich die EU immer wieder bestrebt, die lückenhaften und schwammigen Datenschutzgesetze zu verschärfen, doch Schaar legt dar, dass dies oftmals Initiativen ohne Wert seien. Die kontroversen Positionen im Ministerrat, im Europäischen Parlament und in den einzelnen EU-Staaten führten bisher zu keinem konsequenten Ergebnis. Hier begrüßt der Autor die Idee eines „Schengen-Routings“. Dabei würden Datenpakete in Europa nur noch über Netzknoten von Mitgliedsstaaten des Schengener Abkommens geleitet. Dritten bliebe der Zugang zu den Daten verwehrt. Doch auch diese Maßnahme muss zunächst umgesetzt werden und ihre Tauglichkeit beweisen.

Peter Schaar: „Überwachung total. Wie wir in Zukunft unsere Daten schützen“. Aufbau Verlag, Berlin 2014, 301 Seiten, 18 Euro, ISBN 978-3-351-03295-1

Autor*in
Eric Gutglück

studiert Politikwissenschaft und Öffentliches Recht an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Er war Praktikant beim vorwärts.

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