Sophie Passmann und Katarina Barley: Feminismus statt alte weiße Männer
Christian Hüller
Sie kennen und sie schätzen sich: Katarina Barley und Sophie Passmann. Und so ist ihre Begegnung am vorwärts-Stand der Leipziger Buchmesse auch von einer besonderen Herzlichkeit geprägt, als die junge Feministin Passmann die sozialdemokratische Europa-Spitzenkandidatin und Bundesjustizministerin Barley trifft.
Gleichberechtigung im Grundgesetz
Schnell dreht sich das Gespräch nicht mehr um die „alten, weißen Männer“, um die es in dem gleichnamigen Buch von Passmann geht, sondern um ein konkretes politisches Projekt: Die Parität von Männern und Frauen im Bundestag. Diese herzustellen ist ein Herzensanliegen der Bundesjustizministerin, weil sie entsetzt ist über den „dramatischen Abfall“ weiblicher Abgeordneter in den vergangenen drei Legislaturperioden.
Sie räumt zwar ein, dass ein solches Gesetz juristisch nicht einfach zu gestalten sei. Doch der Grundgesetzartikel drei verlange, dass der Staat sich aktiv für die Gleichberechtigung einsetze. Dort steht: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“
Parlamentsquote an Parteiquote knüpfen
Zum Erstaunen vieler Zuhörerinnen findet Sophie Passmann zwar „das ist genau der richtige Schritt“, aber sie ist sich nicht sicher, ob „ich das demokratietheoretisch unterstützen kann“. Sie habe „Bauchschmerzen beim Eingriff ins Parlament“ und vor allem empfindet sie es als „mein Recht, am Frauenanteil einer Parlamentsfraktion ablesen zu können, wie eine Partei zu Frauen steht“. Letzteres leuchtet Barley ein. Um dafür eine Lösung zu finden, schlägt Passmann vor, die jeweils im Parlament zu erfüllende Frauenquote daran zu knüpfen, wie viele Frauen in einer Partei aktiv sind.
Und wie steht es um das andere Geschlecht? Grundsätzlich findet Passmann, dass Männer sich mit Feminismus „nicht so intensiv auseinandersetzen wie es angebracht wäre“. Dazu gehöre es in Gesprächsrunden eben auch, Leuten zuzuhören, eine andere Meinung erstmal zu akzeptieren und die Debatte mit Besserwisserei nicht gleich abzuwürgen.
Frauen brauchen eigene Haltung
In der Politik werde die Situation für Frauen zunehmend „besser“, findet Katarina Barley. Wichtig sei es aber auch, dass Frauen mit ihrer Haltung und ihrem eigenen Ansatz in der Politik handelten und „nicht die alten Schablonen nutzen“.
Passmanns Feststellung, dass „es gerade in der SPD in den vergangenen Jahren viele Männer gibt, die von dem Klischee des alten weißen Mannes abweichen“, kann Barley nur bestätigen. „Ja, das wird mehr“, sagt sie und berichtet von zwei Spitzengenossen, die an keiner rein männlich besetzten Diskussionsrunde mehr teilnähmen.
Lob für Timmermans
Lobend erwähnt sie in diesem Zusammenhang vor dem vorwiegend weiblichen Publikum auch den Spitzenkandidaten der europäischen Sozialdemokraten für die Europawahl, Frans Timmermans, der sich selbst als „männlichen Feministen“ bezeichnet. Er habe jüngst in Brüssel, „die feministischste Rede gehalten, die ich je gehört habe“, erzählt Barley.
Es scheint sich also etwas zu tun in Sachen echter Gleichberechtigung – in Deutschland und in Europa
ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.