Solidarität: Wie Kunst und Kultur Ukraine-Geflüchtete unterstützen
URHEBERRECHTLICH GESCHUETZT
Es herrscht Krieg in Europa. „Wir sind erschüttert und fassungslos über die aktuellen Ereignisse in der Ukraine. Als Zeichen unserer Solidarität mit der Ukraine hängt der Originalvorhang ab sofort wieder im Großen Haus“, erklärt Oliver Reese, Intendant des Berliner Ensembles. Als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine hat das Theater am Schiffbauerdamm in Berlin einen Theatervorhang mit Pablo Picassos weltberühmter Friedenstaube aufgehängt. Bertolt Brecht ließ ihn 1954 als Mahnung gegen den Krieg anbringen.
Enorm vielfältige Hilfsbereitschaft
Ob Musik, Kunst, Literatur oder Baukultur – die Solidarität mit den Menschen aus der Ukraine im Kultur- und Medienbereich ist enorm groß. Sie reicht von Initiativen wie Spendenaufrufen über Aktionen bis hin zu praktischen Unterstützungen für die Menschen, die ihr Land verlassen mussten, aber auch für Kultureinrichtungen vor Ort in der Ukraine, die in Not geraten sind.
Die Vielfalt der Unterstützung macht der Deutsche Kulturrat, Spitzenverband der Bundeskulturverbände, beispielsweise auf seiner Webseite sichtbar, indem er Informationen zu Hilfsmaßnahmen aus dem Kulturbereich bündelt. Gleichzeitig bietet er damit denjenigen, die Hilfe brauchen und denjenigen, die sich engagieren wollen, einen Anlaufpunkt.
Kostenfreie Tickets und Spendenaufrufe
Dabei fangen die Hilfsaktionen schon bei den Kleinsten an: So veranstaltet das Labyrinth Kindermuseum in Berlin am Sonntag, den 3. April, einen Spendentag. Die Erlöse kommen der Organisation „Voices of Children“ in der Ukraine zugute, die seit 2015 den Leidtragenden des Krieges hilft. Betroffene Kinder und Familien können sich rund um die Uhr an „Voices“ wenden und bekommen dringende psychologische Hilfe oder auch Unterstützung bei Evakuierungen, heißt es in einer Erklärung auf der Webseite. „Ihre Mission: Kein Kind in der Ukraine darf mit seinem Kriegstrauma allein gelassen werden. Dies möchten wir von ganzem Herzen unterstützen.“ Für geflüchtete Kinder aus der Ukraine, ebenso wie für andere Geflüchtete sowie Willkommensklassen, gibt es zudem kostenfreie Tickets für die Ausstellung.
Kostenfreie Tickets für Geflüchtete gibt es in vielen Kultureinrichtungen in ganz Deutschland. Beispielshaft erwähnt seien hier die Hanauer Museen. Viele Kunst- und Kultureinrichtungen spenden ihre Ticketeinnahmen an bestimmten Tagen und haben Spendenaufraufe gestartet.
Gaststudium an der Kunsthochschule Mainz
Praktischer wird es an der Kunsthochschule Mainz. Sie bietet Kunststudierenden aus der Ukraine eine möglichst unbürokratische Aufnahme als Gaststudierende an. Sie haben die Möglichkeit, sich zum Sommersemester 2022 als Austauschstudierende zu bewerben. Im Rahmen des „Austauschsemesters“ können Sie an Lehrveranstaltungen der Kunsthochschule Mainz teilnehmen. Informationen zu Fördermöglichkeiten und Finanzierungshilfen und Wohnungsangebote usw. sind auf der Website der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zusammengestellt.
Jobportal für Medienschaffende
Kriegsgeflüchtete, die aus Anlass des Ukraine-Krieges nicht in ihren Heimatländern als Kultur-, Film-, Medienschaffende oder Journalist*innen arbeiten können, finden Unterstützung im mehrsprachigen Jobportal https://new-start.media (ukrainisch, deutsch, englisch oder russisch).
Dahinter steckt ein Netzwerk aus Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften der Kultur-, Film- und Medienbranche, wie die ARD, die Deutsche Orchester Vereinigung (DOV), der Deutsche Bühnenverein oder der Deutsche Journalisten Verband (DJV). Bereits zu Beginn verzeichnete das Portal knapp 50.000 Stellen. „Unsere zu uns fliehenden Kolleginnen und Kollegen stehen aber nicht allein. Wir wünschen sie uns als zukünftige Kolleginnen und Kollegen in Theatern, Orchestern, Filmproduktionen, Rundfunksendern, Medienunternehmen und Verlagen,“ erklärte Christoph Schmitz, ver.di-Bundesvorstandsmitglied. Am Aufbau des Angebots haben auch ukrainische Mitarbeiter*innen der Jobnet AG in den letzten Wochen aus den belagerten Städten Kiew oder Lwiw mitgearbeitet.
Unterbringung von Geflüchteten
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat überall dort, wo sie über geeignete Liegenschaften verfügt, diese den Kommunen bzw. Sozialeinrichtungen für die Unterbringung von Geflüchteten zur Verfügung gestellt. Dies war durch das große Engagement der Kolleg*innen vor Ort schnell möglich, heißt es hierzu aus der Pressestelle der Stiftung. Das individuelle private Engagement von Kolleg*innen, wie etwa Sammelaktionen oder Hilfstransporte, werde durch Freistellung und interne Kommunikationsmittel unterstützt.
Kunst und Kultur können Türen offenhalten
Das europäische Musemsnetzwerk NEMO sammelt Unterstützungsaktivitäten und -initiativen von Museen aus ganz Europa zur Unterstützung der ukrainischen Museen bzw. den in Museen Tätigen. Merh Informationen hierzu finden sich unter www.ne-mo.org. Das deutsche Nationalkomitee des Internationalen Museumsrates ICOM koordiniert Unterstützungsmaßnahmen mit ICOM-International. Das ICOM ist mit mehr als 6.500 Mitgliedern die größte Organisation von Museen und Museumsfachleuten in Deutschland. Informationen hierzu finden sich unter icom-deutschland.de
Der Deutsche Kulturrat informiert und koordiniert bereits seit Kriegsbeginn Hilfsmaßnahmen aus dem Kulturbereich. Seine Seite wird kontinuierlich erweitert und aktualisiert. Der Geschäftsführer Olaf Zimmermann erklärt hierzu, dass es wichtig sei, den verzweifelten Menschen in der Ukraine zu helfen und allen Geflüchteten dieses Krieges Asyl in unserem Land zu gewähren. Wichtig sei aber auch, die positiven zivilgesellschaftlichen Kräfte in Russland zu stärken und den Dialogfaden nicht gänzlich abreißen zu lassen. Zimmermann betont: „Kunst und Kultur können Türen offenhalten, wenn selbst die Türen der Diplomatie zugefallen sind.“
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.