Kultur

Schmidt und Lenz: Protokoll einer Freundschaft

Über Jahrzehnte pflegten Helmut Schmidt und Sigfried Lenz eine innige Freundschaft. Der Journalist und Autor Jörg Magenau schildert die Beziehung zwischen dem Schriftsteller und dem Politiker in seinem neuen Buch. „Es stellt einige Vorurteile auf den Kopf“, attestiert SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil auf dem vorwärts-Stand auf der Frankfurter Buchmesse.
von Yvonne Holl · 10. Oktober 2014
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„Beide waren tief erfreut, sich wiederzusehen.“ So schildert der Autor und Journalist Jörg Magenau die Begegnung zweier alter Freunde: des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt mit dem Schriftsteller Sigfried Lenz.  Zwei Treffen wohnte Magenau bei und machte ein Buch daraus. „Es war sehr verraucht“, verrät er auf der Bühne des vorwärts-Verlages auf der Frankfurter Buchmesse. Schmunzeln im Publikum, Schmidts Schwäche für Zigaretten ist so bundesweit bekannt wie Lenz' Liebe zur Pfeife. „Schmidt – Lenz Geschichte einer Freundschaft“ ist der Titel des Buches, das nur wenige Tage nach dem Tod des Schriftstellers in Frankfurt vorgestellt wird. „Ich hatte das Buch in der Hand, als ich die Nachricht hörte“, beschreibt Moderatorin Katharina Gerlach. Und: „Es hatte etwas Tröstliches.“

„Vorurteile über Schmidt werden auf den Kopf gestellt“

Hubertus Heil gefiel besonders eine Passage, in der den Männern die Worte fehlen, ihre Freundschaft näher zu beschreiben.. „Dieses Buch stellt viele Vorurteile und auch Selbstdarstellungen über Helmut Schmidt auf den Kopf“, so der stellvertretende Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Schmidt erscheine nicht als kalter Macher, wie er oft dargestellt werden, vielmehr habe die Beziehung der Männer beinahe etwas Rührseliges. Und sie zeige: „Schmidt war zur Freundschaft fähig, mehr vielleicht als etwa Willy Brandt.“

Für Heil zeigt die Freundschaft von Schmidt und Lenz auch die Fähigkeit der beiden Männer, den eigenen Blickwinkel zu verlassen und einen anderen einzunehmen. Ein besonders schwieriges Unterfangen für Politiker, wie Heil weiß: „Im politischen Berlin treffen Politiker andere Politiker, noch ein paar Journalisten und Lobbyisten. Aber es besteht die Gefahr, im eigenen Saft zu schmoren und beratungsresistent zu werden.“

Das könne Politik nicht brauchen, mahnt Heil. Auf die Frage von Moderatorin Gerlach, ob heutige aktive Politiker eine ähnliche Nähe zu Künstlern zulassen würden wie Schmidt und Lenz sie pflegten, plaudert der Sozialdemokrat Heil aus dem Nähkästchen: Außenminister Frank-Walter Steinmeier habe in seiner Zeit als Kanzleramtschef jeden Freitag Menschen aus ganz anderen Bereichen als der Politik eingeladen, Architekten und Künstler etwa. Intern seien die Treffen übrigens flapsig „Spinnerrunde“ getauft worden.

Jörg Magenau: „Schmidt – Lenz  Geschichte einer Freundschaft“, Verlag Hoffmann und Campe, 22 Euro, ISBN 978-3-455-50314-2

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Autor*in
Yvonne Holl

ist Redakteurin für Politik und Wirtschaft.

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