Eine ständige Bewegung zwischen dem Angezogen-Werden und dem Sich-abgestoßen-Fühlen sei die Begegnung mit Iran gewesen, erläutert die Autorin im Vorwort. Sie erlebte ein permanentes
Changieren zwischen "Wut, Frustration, Sehnsucht und Begeisterung". Christiane Hoffmann hat sich auf das Land und die Menschen eingelassen. Sie versucht zu sehen und zu verstehen - auch wenn sie
dabei bisweilen an ihre Grenzen stößt.
Verhüllungen
Iran ist das einzige Land der Welt, in dem auch für Ausländerinnen das Verhüllungsgebot gilt. Und aus diesem berichtet Hoffmann " aus Frauenperspektive: entschieden, bewusst und oft
solidarisch irritiert ", so der Schriftsteller Adolf Muschg bei der Buchpräsentation in Berlin. Die Journalistin spiegelt das Selbstverständnis der Frauen in dieser patriarchalen Gesellschaft. Sie
erzählt von Scham, Schuld, Körperlichkeit und von der verinnerlichten Männerherrschaft - auch an Orten, wo keine Männer sind.
Bisweilen ist sie unsicher, wütend und verletzt. Andererseits erlebt sie auch zahlreiche Momente der Nähe, lernt zu verstehen. Sie beobachtet, wie sie sich selbst ändert. Besorgt berichtet
sie etwa von der Veränderung ihres Schamgefühls. Sie muss sich Gedanken über Selbstzensur machen und sich ihren Ängsten stellen. Aber stets bleibt Hoffmann offen für die Gesellschaft und die
Menschen Irans, versucht zu begreifen und mehr zu erfahren.
Wahrheiten
Das Buch zeige, dass "scheinbar identitätsstiftende Vorurteile sich als entbehrlich erweisen", so Adolf Muschg. Denn häufig sei es nur der eigene Schatten, der das Gesicht des anderen
verdunkle.
Christiane Hoffmann hat das Anderssein der iranischen Kultur akzeptiert und sich damit auseinandergesetzt. "Hinter den Schleiern Irans" ist ein sehr persönliches Buch, das deutlich macht,
dass es mehr als nur eine Wahrheit gibt. "Ein Schleiertanz der Wahrheiten", wie Adolf Muschg formuliert. Die Lektüre ist eine Bereicherung.
Birgit Güll
Christiane Hoffmann: "Hinter den Schleiern Irans. Einblicke in ein verborgenes Land" 340 Seiten, 19,90 Euro, ISBN 9783832180614
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.