Kultur

Sammelband: So aktuell ist Marx

Theoretiker, Wissenschaftler, Journalist – Karl Marx war vielseitig, sein Hauptwerk wird bis heute kontrovers diskutiert. Dieses Bild zeichnet auch ein Sammelband zum Marx-Jahr.
von Johanna Lehn · 19. September 2018
Unübersehbar: Karl Marx-Kopf in Chemnitz
Unübersehbar: Karl Marx-Kopf in Chemnitz

„Man wird Marx am besten gerecht, wenn man ihn im Positiven wie im Negativen vom Podest der Unberührbarkeit holt“, sagte Willy Brandt 1977 beim Jubiläum des Trierer Karl-Marx-Hauses. So beginnen Frank Decker, Jochen Dahm und Thomas Hartmann ihren Sammelband „Klasse, Kapital und Revolution. 200 Jahre Karl Marx“. Viele der facettenreichen Beiträge werden diesem Ausspruch auch gerecht.

Marx, aktueller denn je

Die meisten der 15 Texte thematisieren Marx’ Denken und seine Theorie. Häufig beziehen sie zentrale Überlegungen auf unsere heutigen Lebensumstände. So macht es beispielsweise Andrea Nahles in ihrem Artikel.

Sie nimmt die Frage nach der Bedeutung Karl Marx’ für die heutige Sozialdemokratie in den Blick.  „Marx ist wieder interessant, wo Sozialstaat, sozialer Aufstieg, Mittelstandsgesellschaft, der Wert der Arbeit nicht mehr selbstverständlich sind“, schreibt die SPD-Chefin.

Anja Kruke widmet sich der Relevanz von Marx’ Werk im Verlauf der Zeit, vom Ende der Sowjetunion über die Finanzkrise bis heute. Sie prognostiziert: In Zukunft werde sich die Frage stellen, wie sich die Digitalisierung mit dem Philosophen begreifen lasse – und ebnet Timo Daum den Weg. Er beleuchtet bereits jetzt anschaulich den Wandel des Kapitals durch die Digitalisierung.

Marxismus trifft Feminismus

Ein Augenmerk liegt auch auf der Verknüpfung von Marxismus und Feminismus: Nina Power fordert in ihrem Beitrag „Der verfrühte Feminismus“ die Aufwertung der Frauenarbeit angesichts der Tatsache, dass ein Großteil der heutigen Arbeit Dienstleistungen seien und Frauen auf dem Arbeitsmarkt überwiegen würden.

Neben Beiträgen zu seinem Werk befassen sich auch einige Artikel mit Marx’ Person, sei es mit seiner Zeit als Student, mit seinem Wirken als Journalist, Wissenschaftler und Politiker oder mit der Frage, wie – mit wenig existenten Darstellungen – das Bild von Karl Marx entstanden ist.

Decker, Dahm und Hartmann stellen eine bunte, vielseitige Mischung an Beiträgen zusammen. Einige sind Marx-Laien zu empfehlen – sie sind ohne Hintergrundwissen verständlich. Andere sind sehr theoretisch geraten, eignen sich nur für versierte und interessierte Leser.

Bei „Politik trifft Buch“ des „vorwärts“ auf der Frankfurter Buchmesse wird Herausgeber Thomas Hartmann am 13. Oktober mit Franz Müntefering über den Sammelband diskutieren.

Frank Decker, Jochen Dahm, Thomas Hartmann (Hrsg.): Klasse, Kapital und Revolution. 200 Jahre Marx, 198 Seiten, Verlag J.H.W. Dietz, ISBN 978-3-8012-0536-2, Preis 14 Euro. Erscheinungstermin: Oktober 2018.

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Autor*in
Johanna Lehn

studiert Politikwissenschaft und Soziologie und schreibt für den „vorwärts“.

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