"Der subjektive Blick ist das Schönste an ihren Büchern", lobte Claus Peymann, Intendant des Berliner Ensembles. Seine Worte treffen ins Schwarze. Die Freundschaft zwischen dem
charismatischen Studentenführer und der fünf Jahre älteren Konkret Journalistin scheint nämlich der subjektiven Konstruktion der Autorin entsprungen zu sein.
Aneinander vorbei gelebt
In leuchtenden Farben schildert die einstige Grünen Vorsitzende die Biographien von Rudi Dutschke und Ulrike Meinhof. Sie erzählt von dem Mädchen, dass schon "in der Schule unangenehm
auffiel, weil es rote Hosen" trug. "Sie gehörte zu den Leuten, vor denen Wehner immer gewarnt hat", unterstrich Jutta Ditfurth und bezog sich mit diesem Kommentar auf den enormen Einfluss des SDS
auf die Politik der großen Koalition. Sie berichtete von dem jungen Dutschke, der den Wehrdienst verweigerte. Der Gleichaltrige aufforderte, dasselbe zu tun. Vergeblich wartete man auf
Berührungspunkte der beiden Biographien. Was kam, waren vereinzelte Begegnungen der beiden Ikonen.
Kennen gelernt haben sich Ulrike Meinhof und der Studentenführer 1967 bei gemeinsamen politischen Aktivitäten. Rudi Dutschke sei auch dagewesen, als sie sich im Februar 1968 von ihrem Ehemann
Klaus Rainer Röhl trennte. Zusammen mit Dutschke sei sie mit dem Auto durch Berlin gefahren. Außerdem gab es eine Zusammenkunft im Republikanischen Club, Berlin. 1969 flog die junge Journalistin
Ulrike Meinhof mit Bernward Vesper nach Rom. In Italien besuchte sie Rudi Dutschke, der sich von den Spätfolgen des Attentats erholte. Dort sahen sich die schillernden Persönlichkeiten der APO zum
letzten Mal. Gerade mal zwei Jahre kreuzten sich ihre Wege.
Freundschaft oder Konstruktion
Die Indizien für diese Freundschaft sind spärlich, wirken konstruiert. Claus Peymann spricht dennoch von einem seltsamen "Traumpaar", denn sie hätten beide den Traum von einer besseren Welt
vor Augen. "Rudi und Ulrike", das seien Romeo und Julia der APO. Der Vergleich hinkt. Rudi Dutschke und Ulrike Meinhof waren nie ein Liebespaar. Außerdem betraten die beiden Protagonisten die
politische Bühne niemals gemeinsam, sondern machten stets individuell ihren Einfluss geltend. Selbst die Autorin räumt leise Zweifel ein. "Es gibt merkwürdigerweise Leute, die behaupten, dass es
diese Freundschaft gar nicht gab", hatte sie eingangs bemerkt.
Anke Schoen
Jutta Dithfurt: Rudi und Ulrike, Verlag Droemer Knaur, München 2008, 256 Seiten, 16,95 Euro, ISBN 978-3426274569
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