Beyme versucht einen Überblick zum momentan sehr populäre Thema von "Regionen und Regionalismus" (siehe Katzenstein, A World of Regions). Dass der nicht wirklich gelingen kann, liegt wohl
mehr an der diffusen Fülle von Föderalismusliteratur, einerseits, und von föderalen Staaten und Systemen, anderseits, als am Autor.
Inhalt - Länder und Themen
Erst im Laufe des Buches stellt sich heraus, welche Staaten analysiert werden. Beyme benennt die Schweiz und die USA als die alten Föderationen und fügt jüngere Beispiele wie Spanien,
Deutschland, Belgien, Russland, Großbritannien, Kanada, Indien und Italien hinzu. Das Buch ist aber nicht nach Staaten strukturiert, sondern nach den zwei thematischen Schwerpunkten "Rechtliche
Ungleichheit im Bundesstaat (De-jure-Asymmetrien)" und "Politische Ungleichgewichte im Bundesstaat (De-facto-Asymmetrien)". Die Untergliederungen umfassen Themen wie "Neugliederung oder
Devolution", "Veto-Spieler und Verfassungsgerichtsbarkeit", "Notstandsrecht des Bundes?", "Minderheitenrechte", "Multikulturalismus", "Sezessionsrechte?", "First Nations und Aborigines",
"Regionalparteien", " Diasporapolitik", "Föderalismusreformen in Deutschland" und "die EU". Dieser Bogen ist zu groß gespannt. Der Versuch Föderalismus weltweit zu vergleichen, bleibt in der Kürze
dieses Buchs daher oft zu punktuell.
Identität und Föderalismus
Beymes eigener Beitrag in diesem Buch legt Wert auf das Zugehörigkeitsgefühl der Bürger zu ihrem Staat. Dem Schlagwort "Identität" steht er in diesem Zusammenhang eher kritisch gegenüber. Zu
Recht erwähnt er die immer häufiger werdende Kritik an einer " Identitätsinflation". Föderalismus hingegen sieht er als das effektivste System, regionale Unterschiede, die sich im Bewusstsein der
Bürger ausdrücken, in einem Gemeinwesen zu vereinen. Auch wenn eine föderale Verfassung die anspruchsvollste und komplexeste Regierungsform sei, sei sie die einzige die ein "prekäres Gleichgewicht"
zwischen multiplen Regionen und Akteurne ermöglicht. In diesem Sinne hat der bisher nationale Föderalismus auch eine Vorbildfunktion für die Europäische Union und wird von Beyme deshalb positiv
bewertet.
Symmetrie / Asymmetrie
Als wichtigstes Merkmal des Föderalismus unsrer Zeit benennt Beyme die Asymmetrie: D. h. die konstituierenden Regionen eines föderalen Staates sind nie gleich, bedürfen aber auf Bundesebene
einer relativen Gleichheit, die dem Gefühl einer gerechten Repräsentation der einzelnen Regionen im Gesamtstaat entspricht. In der Einleitung macht Beyme eine heimliche Sehnsucht nach Symmetrie in
der Föderalismusforschung aus. In seinen Fazit folgt er zum einen genau diesem Plädoyer für Deutschland (sprich: Er fordert einen Neugliederung des Bundesgebiets anhand der Leitlinie der
wirtschaftlicher Überlebensfähigkeit eines Bundeslandes und eine Stärkung der Bundeskompetenzen, z. B. in der Bildungspolitik). Zum anderen lobt er aber auch den asymmetrischen Föderalismus
(insofern als unterschiedliche natürliche Gegebenheiten auch in unterschiedlichen Rechen in der Föderation akzeptiert werden können). Die Grenze positiv wirkender Asymmetrie wird für ihn
überschritten, wenn der Anspruch von Bürgern auf elementare Rechte, wie Sozialversicherung, kompromittiert wird (Beispiel USA).
Der Stil des Buchs ist in Teilen nicht einfach. Komplizierte Satzstrukturen, häufig unnötige Anglizismen und nicht allgemein verständliche Fremdwörter unterbrechen öfter den Lesefluss. Das
Buch wird deshalb wohl akademischen Kreisen vorbehalten bleiben - zumal auch für das Hauptthema Föderalismus Vorkenntnisse vorausgesetzt werden, ohne die die weit schweifenden Verweise auf
Sekundärliteratur nicht wirklich fruchtbar sind.
Dr. Thomas Hörber
École Supérieure des Sciences
Commerciales d'Angers (ESSCA)
Klaus von Beyme: Föderalismus und regionales Bewusstsein - Ein internationaler Vergleich, Beck Verlag, München, 2007, 267 Seiten, 14,90 Euro, ISBN 978 3406 5476 52
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