Es nahe das Ende des Druckzeitalters, wird oft vorhergesagt. Diesem Zeitgeist trotzt der Sammelband „Zeitung unter Druck“. Er ist ein Plädoyer für das Kulturgut Zeitung.
Während dieses Buch entstand, ist manches passiert in der deutschen Presselandschaft. Die Financial Times Deutschland wurde dichtgemacht, die Nachrichtenagentur dapd ging vom Sender, die Frankfurter Allgemeine kassierte die Frankfurter Rundschau ein, Springer stieß die Berliner Morgenpost und das Hamburger Abendblatt ab, die Westfälische Rundschau wurde zum Hohlkörper ohne Redaktion.
Es war nicht die Absicht der beiden langjährigen Zeitungsredakteure Norbert Bicher und Alfons Pieper, ein Buch herauszugeben, das den Wert des gedruckten Wortes in Frage stellt. Wenn sie an die Verantwortung von Verlegern und Journalisten erinnern und die Unverrückbarkeit der Zeitung im demokratischen System herausstellen, mögen sie von manchen zeitungslosen Menschen belächelt werden. Doch sie sind in bester Gesellschaft.
Wie lang ist die Galgenfrist?
Der von der Friedrich-Ebert-Stiftung verlegte Band „Zeitung unter Druck“ vereint 30 Beiträge zur Vergangenheit und zur Zukunft der Presse. Wie lange wird es noch Papierzeitungen geben? Manche sagen: 15 Jahre, andere: bis 2050. Zeitungen seien von gestern, ihr Zeitalter sei vorüber, meinen diese Propheten, Zeitungen seien nutzlose Auslaufmodelle für Träumer.
Andere fragen, wie sich die Rolle der Zeitungen durch Digitalisierung, Netzwerke und Internetmedien wandelt. In etlichen Texten, die teilweise auf Vorträgen, Aufsätzen oder Doktorarbeiten beruhen, werden neue Konzepte, Rezepte und lukrative Geschäftsmodelle angedeutet. „Gerade weil Journalisten Seismographen gesellschaftlicher Veränderungen sein wollen, müssen sie sich etwas einfallen lassen, um auf die geänderten Gewohnheiten und Bedürfnisse ihrer Leser zu reagieren“, meint Giovanni di Lorenzo (Die Zeit/Der Tagesspiegel) und rät, „auch mal etwas auszuprobieren“.
"Ohne Zeitung fängt mein Tag gar nicht erst an."
Einer, der kein Medienexperte ist, sondern Pragmatiker, Hans-Joachim Watzke, Vorsitzender von Borussia Dortmund, sieht die Zeitung nicht als Ausstellungsstück im „Museum für Mediengeschichte“ und empfiehlt, den „Alltag“ und die „Nahwelt“, die „Nähe zu den Menschen“, strategisch zu nutzen: „Niemals vergessen, dass Zeitungen für die Leser gemacht werden.“
Bei den meisten Autoren dieser Sammlung muss es nach wie vor rascheln. Für sie spricht Dieter Hildebrandt. Der 2013 gestorbene Kabarettist stellte sich vor, die Papierzeitung würde vom Markt verschwinden. „Das überlebe ich nicht.“ Denn: „Ohne Zeitung fängt mein Tag gar nicht erst an.“
Norbert Bicher, Alfons Pieper: Zeitung unter Druck: Plädoyer für ein Kulturgut, epubli GmbH, 12,90 Euro, ISBN 978-3844272932
lebt als freier Publizist in Berlin. Er war Redakteur beim Kölner Stadt-Anzeiger, bei ddp, der Süddeutschen Zeitung und der Frankfurter Rundschau sowie Sprecher des Berliner Senats und Unternehmenssprecher.