Prominenter Wahlaufruf: Deshalb wählen Künstler die SPD
Dirk Bleicker
Laut Umfragen hat die SPD keine Chance mehr, die Bundestagswahl zu gewinnen. Laut Umfragen hätte es aber auch keinen Brexit gegeben und der US-amerikanische Präsident hieße nicht Donald Trump. Soviel zur Treffsicherheit von Umfragen. An die erinnert die Schriftstellerin Eva Menasse am Mittwochvormittag in der „Ständigen Vertretung“ in Berlin. Sie stellt gemeinsam mit dem Künstler Klaus Staeck, dem Theologen Friedrich Schorlemmer und dem Musiker Sebastian Krumbiegel den Wahlaufruf für die SPD vor.
Eva Menasse: Bekenntnis zur SPD
Die SPD hat den Mindestlohn durchgesetzt, den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz, sie hat die Künstlersozialkasse abgesichert und das Urheberrecht gestärkt: Sie habe also in der großen Koalition sozialdemokratische Politik durchgesetzt. Das betonen die vier Mitglieder der Bürgerinitiative „Aktion für mehr Demokratie“. Eva Menasse erklärt, dass ihr das Engagement für die SPD diesmal deshalb besonders leicht falle. Und weil mit Martin Schulz in Zeiten der Krise der EU ein ausgewiesener Europapolitiker der richtige Spitzenkandidat sei. „Deshalb bekenne ich mich gerne mit Gesicht und Namen zur SPD.“
Unter den Unterstützerinnen und Unterstützern des Wahlaufrufs ist eine Reihe prominenter Kulturschaffender wie die Schauspieler Natalie Wörner, Walter Sittler und Clemens Schick. Der „Umfrageterror“ bringt Klaus Staeck ebenso auf die Palme wie das ewige Gerede vom „langweiligsten Wahlkampf aller Zeiten“. „Dann muss man was dagegen tun“, sagt der ehemalige Präsident der Akademie der Künste. Der Wahlaufruf ist Teil seines Engagements für die SPD, für die er schon mit Günter Grass lautstark getrommelt hat.
TV-Duell kein Vorbild für Demokratie
Dass sich – gerade in Ostdeutschland – Hass auf die Politik entlädt, hält der Theologe Friedrich Schorlemmer für besorgniserregend. Man müsse den Menschen wieder Lust auf Demokratie machen. „Demokratie wagen heißt, dass Leute es wagen, miteinander Politik zu machen“, so Schorlemmer.
Kein Paradebeispiel für eine lebendige Demokratie war das TV-Duell, darüber ist man sich bei der Vorstellung des Wahlaufrufs einig. Klaus Staeck findet es geradezu lächerlich, das Wort Duell für dieses Format zu nutzen. Eva Menasse ärgert sich über die Weigerung der Bundeskanzlerin, sich einer weiteren Konfrontation mit Martin Schulz im Fernsehen zu stellen. „Ich halte das für zutiefst undemokratisch, für fast monarchisch sich dem zu verweigern“, sagt sie. Schließlich gebe es wenige Möglichkeiten, die beiden Kandidaten im direkten Vergleich zu sehen.
Sebastian Krumbiegel wirbt für Gerechtigkeit
Die „Aktion für mehr Demokratie“ hält die Bundestagswahl nicht für entschieden. „Dass die SPD im Moment so schlecht dasteht ist so unfassbar wie der anfängliche Hype um Martin Schulz“, sagt Eva Menasse. Aber: Die zahlreichen SPD-Neumitglieder seien noch da. Überhaupt sieht die Schriftstellerin eine starke Politisierung junger Menschen.
Sebastian Krumbiegel wirbt für Gerechtigkeit. Er verdiene ganz gut und er sei dafür, dass Leute, die viel verdienen auch viele Steuern zahlen, sagt der Musiker. „Alles andere ist unsolidarisch.“ Im Wahlaufruf heißt es: „Wir treten ein für eine Politik der Gerechtigkeit gegenüber jedermann, für ein friedliches Miteinander und für Respekt vor anderen Kulturen und Lebensstilen“. Mehr als 1.000 Menschen haben den Aufruf bereits unterzeichnet.
Goetz Schleser
ist Redakteurin, die für den „vorwärts“ über Kultur berichtet.